Sehr geehrte Damen und Herren,
gerne übersenden wir Ihnen die Stellungnahme der Landes-ASten-Konferenz (LAK) Bayern zum vorliegenden Gesetzentwurf über Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes, des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes und des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes vom 03.08.2010.
Der Änderungsvorschlag kann bei weitem nicht alle unsere Erwartungen erfüllen. Zentrale Punkte wie eine Verbesserung der Mitbestimmung, die Einführung eines Modells einer Verfassten Studierendenschaft, sowie die Abschaffung von Studiengebühren und ‑beiträgen sind nicht enthalten. Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir weiterhin an der Umsetzung dieser Punkte arbeiten werden. Dennoch werden wir uns konstruktiv an der Weiterentwicklung des Hochschulgesetzes beteiligen und übersenden Ihnen hiermit unsere Anmerkungen:
Berufsbegleitendes Studium
Das Stärken der berufsbegleitenden Studiengänge in Bayern ist angesichts hoher Zahlen arbeitender Studierender ein begrüßenswertes Vorhaben. Die Staatsregierung kommt so einem zentralen Bedürfnis vieler junger Menschen im Freistaat entgegen. Ein Mehrangebot an berufsbegleitenden Studiengängen kommt den Studierenden und/oder Berufstätigen aber nur dann zugute, wenn es auch für sie wahrnehmbar ist. Dabei geht es nicht nur um die Frage, zu welchen Zeiten und in welchen Formen Lehrveranstaltungen angeboten werden. Ein Studium muss im Sinne der Chancengleichheit für alle Studieninteressenten auch finanzierbar sein. Die Berufstätigkeit allein ist, insbesondere in Anbetracht des wachsenden Niedriglohnsektors, kein Merkmal das die Finanzierungsfähigkeit sicherstellt. Zumal die Berufstätigkeit im vorliegenden Entwurf nicht zwingende Voraussetzung zur Aufnahme eines berufsbegleitenden Studiums ist.
Trotz der aufgezeigten Problematik greift das bisherige Instrumentarium zur finanziellen Förderung von Studierenden bislang nur unzureichend, insbesondere, da BAföG derzeit nur bis zum 30. Lebensjahr und nur für ein reines Vollzeitstudium ausgezahlt wird. Ein bedarfsdeckendes Stipendiensystem für berufsbegleitendes Studieren gibt es nicht.
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Problematik sieht die LAK Bayern mit großer Sorge, dass die Bayerische Staatsregierung beabsichtigt, Gebühren für berufsbegleitende Studiengänge zu erheben. Entgegen den Regelungen bei den so bezeichneten Studienbeiträgen sieht der Gesetzentwurf weder eine Deckelung der Gebührenhöhe noch Befreiungstatbestände für Studierende vor. Ein solcher Freibrief zur Gebührenerhebung würde nach Ansicht der LAK Bayern die soziale Situation an den Hochschulen des Freistaats massiv verschärfen und die Berufswahlfreiheit gefährden. Die LAK Bayern hält den Bildungsauftrag in berufsbegleitenden genau wie in regulären Studiengängen für Aufgabe des Staates und ist damit auch von staatlicher Seite kostendeckend zu finanzieren.
Auch ist zu befürchten, dass die Hochschulen bei der Gebührenhöhe nicht die von der Staatsregierung erhoffte Mäßigung zeigen werden. Schließlich stellt die Erhebung von Gebühren für die Hochschulen und die Hochschullehrenden eine potenzielle und selbst bestimmbare Einnahmequelle dar. Für die Hochschulen besteht kein Anreiz, die Gebühren für berufsbegleitende Studiengänge derart zu gestalten, dass sie für die breite Masse der Berufstätigen finanzierbar sind. Ganz im Gegenteil, eine solche Neuregelung könnte dazu führen, dass die Hochschulen in einem Wettbewerb um Reputation, Einnahmen und die besten Studierenden die Gebührenhöhe zumindest segmentär kontinuierlich nach oben treiben werden, um über mehr generierte Einnahmen wiederum ein besseres Studienangebot ermöglichen zu können. Die Konsequenz wäre das Analogon zum amerikanischen System, erst die Stärke des Portemonnaies eröffnet den Zugang zu Spitzenbildung.
Die Einführung von gebührenpflichtigen, berufsbegleitenden Studiengängen droht sich nach Auffassung der LAK Bayern auch auf das klassische Vollzeitpräsenzstudium auszuwirken. Über die Erhebung von Gebühren wird den berufsbegleitenden, im Gegensatz zu den klassischen Studiengängen, eine breitere Einnahmebasis zur Verfügung gestellt. Es droht ein Nebeneinander eines klassischen, unterfinanzierten Studiums und eines hochpreisigen ausfinanzierten, sogenannten berufsbegleitenden Studiums.
Dieses ungleiche Nebeneinander könnte weiter dadurch verschärft werden, dass Lehrkräfte im Bereich des berufsbegleitenden Studiums zusätzlich entlohnt werden. Berufsbegleitende Studiengänge dürfen lediglich als Zusatzangebot betrachtet werden und nicht den regulären Lehrbetrieb einschränken. Weder dürfen die zusätzlich benötigten Lehrveranstaltungen am Abend, Blockkurse sowie Veranstaltungen in der vorlesungsfreien Zeit in das Lehrdeputat von Professoren eingerechnet werden, noch darf das Angebot an Bachelorstudiengängen, konsekutiven Masterstudiengängen und sonstigen Studien durch die Einführung von berufsbegleitenden Studiengängen reduziert werden. Auch der Ausbau des Teilzeitstudiums darf durch die Einführung von berufsbegleitenden Studiengängen nicht beeinträchtigt werden.
Daher lehnt die LAK Bayern aus den genannten Gründen die Einführung eines gebührenpflichtigen berufsbegleitenden Studiums ab.
Forschungsprofessur
Die LAK Bayern hat stets die Auffassung vertreten, dass die Einheit von Forschung und Lehre als Grundlage des deutschen Hochschulsystems nicht aufgegeben werden darf. Die Einführung von Lehrprofessuren in Bayern hat diese Einheit aufgeweicht. Sie ist aber im Kern insoweit bestehen geblieben, als dass auch in Lehrprofessuren die Betätigung in der Forschung ermöglicht ist. Mit der Einführung einer Forschungsprofessur im Sinne des Gesetzentwurfes, durch die nicht nur eine überwiegende, sondern auch eine ausschließliche Betätigung in der Forschung ermöglicht würde, würde einer Trennung von Forschung und Lehre der Weg geebnet. Eine solche Trennung von Forschung und Lehre ist aus Sicht der LAK Bayern abzulehnen.
Die Einheit von Forschung und Lehre, die durch die direkte Verbindung das Erlernen aktuellstem Fachwissens unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden forschend ermöglicht, hat sich als Erfolgsprinzip der deutschen Hochschulen bewährt. Forschungsprofessuren würden diese Kopplung aufheben und den Studierenden die Möglichkeit nehmen von den besten Forschenden zu lernen. Eine Lehre ohne Forschungsbezug verliert leicht den Bezug zur Praxis und hinkt dem Stand der Forschung und der wissenschaftlichen Diskussion hinterher. Die wissenschaftliche Diskussion wiederum profitiert von der in der Lehre stattfindenden Auseinandersetzung mit Forschungsfragen.
Ein zu kurz kommen der Forschung liegt vor allem im schlechten Betreuungsverhältnis an Bayerns Hochschulen begründet. Eine geringe Zahl von Professoren muss eine wachsende Zahl von Studierenden in der Lehre betreuen. Die Einführung von Forschungsprofessuren verschärft diese Unverhältnismäßigkeit.
Anstatt einseitige Professuren für Lehre oder Forschung einzurichten, sollten die Freistellungsmöglichkeiten nach Art. 11 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes im Sinne der Bedürfnisse von Lehrenden und Studierenden verantwortungsvoll genutzt werden.
Frauenbeauftragte
Wir würden es begrüßen, wenn grundsätzlich die Rechte von Minderheitengruppen an den Hochschulen von Beauftragten vertreten werden. Dazu könnte die „Frauenbeauftragte“ auch sinnvoll umbenannt werden und ihre Aufgaben und Kompetenzen präzisiert werden. Dies soll nicht bedeuten, dass diese Beauftragte nicht nach wie vor auch die Rechte von Frauen geltend machen soll.
„Sportlerklausel“
Auch wenn wir die Notwendigkeit zur Förderung von bestimmten Bewerbergruppen anerkennen, halten wir die geplante Einführung dieser Quote für ungeeignet. Darüber hinaus wird der Bewerbungsprozess für Studienplatzbewerber dadurch intransparent. Außerdem werden Auswahlkriterien herangezogen, die nicht auf eine bessere Eignung für das Studium eines bestimmten Faches schließen lassen.
Des Weiteren ist die Formulierung „… sonstiger besonderer berechtigter Umstände an den Studienort gebunden sind.“ zu unspezifisch. Besonders stellt sich die Frage, wer nach welchen Kriterien entscheidet welcher Studienplatzbewerber die gewichtigeren „besonders berechtigten Umstände“ vorweist, falls aus dieser Gruppe mehr Bewerbungen vorliegen als durch diese Quote vorgesehen. Um das Beispiel aus den Erläuterungen zum Bayerischen Hochschulgesetz aufzugreifen: Wie wird beispielsweise entschieden, welcher Gemeinderatssitz als gewichtigerer Grund angesehen wird? Das Argument „andere Bundesländer gehen auch diesen Weg“ können wir nicht nachvollziehen, da Hochschulbildung Ländersache ist und Bayern demnach auch unabhängig und eigenverantwortlich agieren sollte. Aus diesen Gründen ist diese Quote nicht zielführend und ungeeignet, um das in den Erläuterungen ausgeführte Ziel zu erreichen.
Landesweite Studierendenvertretung
Darüber hinaus würde die LAK begrüßen, dass in den Änderungen des Hochschulgesetzes auch dem bereits vorgebrachten Wunsch nach der gesetzlichen Verankerung einer landesweiten Studierendenvertretung nachgekommen werden würde.
Wir sprechen uns ausdrücklich dafür aus, dass in die Neufassung des Bayerischem Hochschulgesetzes die Landes-ASten-Konferenz (LAK) als Zusammenschluss der Studierendenvertretungen der bayerischen Hochschulen aufgenommen und die Zusammenarbeit der Studierendenvertretungen in der LAK als Aufgabe derselbigen festgeschrieben wird. Diese Vertretung ist seit vielen Jahren Realität und Ansprechpartner. Eine gesetzliche Verankerung würde sowohl die Organisation vereinfachen als auch die politische Legitimation sicherstellen. Daraus würde eine erhebliche Verbesserung für die Studierendenvertretung resultieren.
Wir danken Ihnen für die Gelegenheit zur Stellungnahme und hoffen unsere Einwände bei der Umsetzung berücksichtigt wieder zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Kern
Sprecherin LAK Bayern
Stellungnahme
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München