Seit der Agen­da 21, beschlos­sen 1992 von den Verein­ten Natio­nen, wird den Hoch­schu­len eine beson­de­re Verant­wor­tung für eine nach­hal­ti­ge­re Entwick­lung der Gesell­schaft zuge­wie­sen; sie bilden die Entschei­dungs­trä­ge­rIn­nen aus, die die Anfor­de­run­gen an komple­xe und nach­hal­ti­ge Entschei­dun­gen umset­zen müssen. Die gemein­sa­me Erklä­rung der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz (HRK) und der deut­schen UNESCO-Kommis­­si­on zur Hoch­schul­bil­dung für nach­hal­ti­ge Entwick­lung von 2010, der Natio­na­le Akti­ons­plan Bildung für nach­hal­ti­ge Entwick­lung von Bund, Ländern und Zivil­ge­sell­schaft von 2017 sowie die Fort­set­zung des HRK-Papiers „Für eine Kultur der Nach­hal­tig­keit“ von 2018 verwei­sen als weite­re in einer Reihe von poli­ti­schen Erklä­run­gen der letz­ten Jahre auf die beson­de­re Rolle von Hochschulen:

Als Bildungs­ein­rich­tun­gen haben Hoch­schu­len die Aufga­be, Menschen mit Wissen und Kompe­ten­zen auszu­stat­ten, die es ihnen ermög­li­chen, eine Entwick­lung mitzu­ge­stal­ten, die ökono­misch, ökolo­gisch und sozi­al nach­hal­tig ist. Die LAK Bayern sieht die Hoch­schu­len in der Verant­wor­tung, dieser Aufga­be größ­te Aufmerk­sam­keit zu widmen und sie in allen Berei­chen – von der Lehre, der Forschung bis hin in Betrieb und Admi­nis­tra­ti­on der Hoch­schu­le – zu inte­grie­ren. Hoch­schu­len haben die Möglich­keit, sowohl durch Grund­la­gen­for­schung Wissen über Ursa­chen und Zusam­men­hän­ge zu gene­rie­ren als auch durch ange­wand­te Forschung Inno­va­tio­nen und Lösungs­an­sät­ze für die Proble­me des 21. Jahr­hun­derts zu finden. Als gesell­schaft­li­che Insti­tu­tio­nen stehen Hoch­schu­len zudem in der Verant­wor­tung, das Hoch­schul­ma­nage­ment am Leit­bild der nach­hal­ti­gen Entwick­lung auszu­rich­ten und Entschei­dungs­pro­zes­se in den Berei­chen Perso­nal, Mobi­li­tät, Mate­ri­al­be­schaf­fung, Gebäu­­de- und Flächen­ma­nage­ment nach­hal­tig zu gestal­ten. Dieser Prozess muss von den Hoch­schu­len inten­si­viert werden, bedarf zugleich jedoch auch weit­ge­hen­de finan­zi­el­le und poli­ti­sche Unter­stüt­zung durch die Hochschulträger.

Nach­hal­tig­keit in Lehre und Studium

Um das Konzept der Nach­hal­tig­keit in der Gesell­schaft zu veran­kern und es in den verschie­de­nen Sekto­ren zu etablie­ren, bedarf es der Vermitt­lung des Konzepts an derzei­ti­ge und zukünf­ti­ge Entschei­dungs­trä­ge­rIn­nen. Die Hoch­schu­len müssen insbe­son­de­re in dem Bereich Lehre und Studi­um auf diese Zukunfts­kom­pe­ten­zen einge­hen. Nach­hal­tig­keit muss struk­tu­rell in die Curri­cu­la der Studi­en­gän­ge einge­bet­tet werden. Dies soll nicht heißen, dass die Lehre zuguns­ten der Nach­hal­tig­keit an fach­be­zo­ge­nen Lehr­in­hal­ten verliert; viel­mehr muss das Konzept der Nach­hal­tig­keit als inter- und trans­dis­zi­pli­nä­re Aufga­be verstan­den werden, die im Kontext des jewei­li­gen Studi­en­gangs steht und fach­spe­zi­fi­sche Antwor­ten auf gesamt­ge­sell­schaft­li­che Heraus­for­de­run­gen findet. Inter­dis­zi­pli­na­ri­tät, gelebt nicht im Sinne einer Anein­an­der­rei­hung diszi­pli­nä­rer Perspek­ti­ven, sondern als inte­gra­ti­ve Problem­be­schrei­bung und Lösungs­su­che, erfor­dert einen hohen Koor­di­na­ti­ons­auf­wand zwischen den Betei­lig­ten. Dieser Koor­di­na­ti­ons­auf­wand nimmt noch­mal zu, wenn Wissen­schaft­le­rIn­nen trans­dis­zi­pli­när arbei­ten. Die LAK Bayern fordert daher Hoch­schu­len und Hoch­schul­trä­ger dazu auf, die nöti­gen finan­zi­el­len und perso­nel­len Ressour­cen aufzu­wen­den, um dem hohen Koor­di­na­ti­ons­be­darf gerecht zu werden und den Lehren­den die Frei­heit zu geben, Nach­hal­tig­keit über die Gren­zen der diszi­pli­nä­ren Struk­tu­ren ihrer Fakul­tät hinweg zu erör­tern und das Konzept als festen Bestand­teil der Curri­cu­la in das Studi­um zu integrieren.

Nach­hal­tig­keit in Forschung und Wissenstransfer

Durch ihre Forschungs­tä­tig­kei­ten schaf­fen Hoch­schu­len wert­vol­le Erkennt­nis­se und Inno­va­tio­nen, die für die Gestal­tung einer nach­hal­ti­gen Entwick­lung drin­gend gebraucht werden. Wissen­schaft in gesell­schaft­li­cher Verant­wor­tung bedeu­tet nicht zuletzt, dass Hoch­schu­len das für gesell­schaft­li­che Trans­for­ma­tio­nen notwen­di­ge Orien­tie­rungs­wis­sen bereit­stel­len müssen. Daher muss es Aufga­be von Hoch­schu­len sein, Nach­hal­tig­keit unter Berück­sich­ti­gung von ökolo­gi­schen, ökono­mi­schen und sozia­len Aspek­ten zu erfor­schen und die Erkennt­nis­se an die Gesell­schaft zu kommu­ni­zie­ren. Geleb­te nach­hal­ti­ge Entwick­lung benö­tigt vor allem die Möglich­keit der Teil­ha­be, somit auch die Teil­ha­be nicht-wissen­­schaf­t­­li­cher Akteu­re an wissen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen. Nur so kann die Nach­hal­tig­keits­for­schung nicht nur ihrer Aufga­be, neue Erkennt­nis­se zu gewin­nen und diese zu syste­ma­ti­sie­ren, sondern auch ihrer Verant­wor­tung als gesell­schaft­li­cher Akteur gerecht werden. Die LAK Bayern fordert daher umfas­sen­de Dialog­in­itia­ti­ven, in denen mit Hoch­schu­len und Bildungs­ein­rich­tun­gen die Möglich­kei­ten und Heraus­for­de­run­gen der nach­hal­ti­gen Entwick­lung sondiert werden. Insbe­son­de­re die Klima­fol­gen­for­schung, deren wissen­schaft­lich beleg­te Erkennt­nis­se immer wieder zuguns­ten von poli­ti­schen Stra­te­gien infra­ge gestellt werden, muss einen neuen Stel­len­wert in der öffent­li­chen Debat­te erhalten.

Nach­hal­tig­keit in Betrieb und Administration

Insti­tu­tio­nell soll­ten Hoch­schu­len sich auch in ihren inter­nen Arbeits­wei­sen und Verfah­rens­ab­läu­fen am Leit­bild der Nach­hal­tig­keit orien­tie­ren. Effek­ti­ves Ressour­cen­ma­nage­ment, ener­gie­ef­fi­zi­en­ter Hoch­schul­bau, biodi­ver­si­täts­för­dern­des Grün­flä­chen­ma­nage­ment, umfas­sen­de Nutzung des öffent­li­chen Nahver­kehrs durch Hoch­schul­an­ge­hö­ri­ge oder die Berück­sich­ti­gung von Prin­zi­pi­en des fairen Handels bei Beschaf­fungs­maß­nah­men sind Berei­che, in denen Hoch­schu­len beispiel­ge­bend handeln können. Die Hoch­schul­lei­tun­gen sind hier gefor­dert, allen Mitglie­dern ihrer Hoch­schu­le das Prin­zip der Nach­hal­tig­keit als Grund­la­ge ihrer Tätig­keit mit den Bezü­gen zu ihren einzel­nen Arbeits­fel­dern zu vermit­teln. Um zum Beispiel den Anfor­de­run­gen an nach­hal­ti­ger Ener­gie­nut­zung gerecht zu werden, müssen ausdif­fe­ren­zier­te Ener­gie­kon­zep­te erstellt und ange­wandt werden. In Zeiten stei­gen­der Ener­gie­prei­se sind Maßnah­men zur Verbes­se­rung der Gebäu­de­ef­fi­zi­enz auch ein wirt­schaft­lich kluges Verhal­ten von Hoch­schu­len. Hoch­schu­len müssen in ihrem Betrieb Struk­tu­ren mit Vorbild­cha­rak­ter schaf­fen, die dem Leit­bild der nach­hal­ti­gen Entwick­lung gerecht werden. Statt an den Hoch­schu­len einzel­ne Maßnah­men einzu­lei­ten, die nur einen Teil des Betriebs moder­ni­sie­ren, plädiert die LAK Bayern für die Etablie­rung von ganz­heit­li­chen Lösun­gen, wie etwa die Einrich­tung von Ener­­gie- und Umwelt­ma­nage­ment­sys­te­men und der Zerti­fi­zie­rung nach EMAS (Eco-Mana­ge­­ment and Audit Sche­me). Aktu­ell sind ledig­lich drei der insge­samt 46 staat­li­chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len Bayerns nach EMAS zerti­fi­ziert. Die LAK Bayern fordert Hoch­schu­len auf, ihr eige­nes Umwelt­ma­nage­ment aufzu­bau­en und regel­mä­ßi­ge Audits zur Verbes­se­rung der Betriebs­be­din­gun­gen durch­zu­füh­ren. Auch soll­ten Hoch­schu­len prüfen lassen, ob sie den Förder­vor­aus­set­zun­gen für die Etablie­rung eines Klima­schutz­ma­nage­ments über die Kommu­nal­richt­li­nie des Bundes­mi­nis­te­ri­ums für Umwelt, Natur­schutz und nuklea­re Sicher­heit genügen.

Nach­hal­tig­keit als Ziel­kom­pass in Bayern

Mit einer umfas­sen­den Orien­tie­rung am Leit­bild der Nach­hal­tig­keit und der Inte­gra­ti­on der Grund­sät­ze einer nach­hal­ti­gen Entwick­lung in Lehre, Forschung und Betrieb können Hoch­schu­len ihre tragen­de und leiten­de Rolle unter Beweis stel­len und ihre Stel­lung als Zukunfts­werk­stät­ten für die gesell­schaft­li­che Entwick­lung weiter stär­ken. Doch um diesen Pfad zu einer nach­hal­ti­gen Hoch­schu­le beschrei­ten zu können, erfor­dert dies zunächst ein klares Bekennt­nis der Hoch­schul­go­ver­nan­ce und der Hoch­schul­trä­ger zu Umwelt­schutz und Nach­hal­tig­keit. Erst wenn die großen Leit­li­ni­en von den poli­ti­schen Entschei­dungs­trä­ge­rIn­nen gezo­gen wurden, können daraus Maßnah­men folgen, die aus Hoch­schu­len Orte einer Nach­hal­tig­keits­kul­tur machen. Der Frei­staat Bayern muss daher in der nächs­ten Novel­lie­rung des Baye­ri­schen Hoch­schul­ge­set­zes, in welchem die gesell­schaft­li­chen Aufga­ben von Hoch­schu­len defi­niert sind, die Grund­sät­ze der nach­hal­ti­gen Entwick­lung als grund­le­gen­den Ziel- und Orien­tie­rungs­kom­pass für die Arbeit von Hoch­schu­len fest­schrei­ben. Hier­zu hat die LAK Bayern bereits im Febru­ar diesen Jahres eine Stel­lung­nah­me verab­schie­det, die einen Vorschlag für die Fest­schrei­bung beinhal­tet. Auch ist das Staats­mi­nis­te­ri­um für Wissen­schaft und Kunst dazu aufge­for­dert, in den Ziel- und Leis­tungs­ver­ein­ba­run­gen für die nächs­te anste­hen­de Peri­ode Nach­hal­tig­keit als hoch­schul­po­li­ti­sche Ziel­set­zung zu berück­sich­ti­gen. Es bedarf parti­zi­pa­ti­ver Stra­te­gien, Program­me, Projek­te und Maßnah­men, die hinsicht­lich ihrer Wirk­sam­keit evalu­iert werden müssen. Da nach­hal­ti­ge Entwick­lung ein Prozess ist, der im Zeit­ab­lauf neue Ziele hervor­brin­gen kann, soll­te die Über­prü­fung und Bewer­tung von Maßnah­men regel­mä­ßig erfol­gen, um dem dyna­mi­schen Anspruch einer nach­hal­ti­gen Entwick­lung zu entsprechen.

Viele Hoch­schu­le sind so groß, dass ihre Forschung, Lehre und der Betrieb für den einzel­nen kaum zu über­schau­en ist. Die LAK Bayern fordert daher Hoch­schu­len auf, sich einem Selbst­check zu unter­zie­hen und eine Bestands­auf­nah­me zu machen: Wie viele Schrit­te auf dem Weg zu einer nach­hal­ti­gen Hoch­schu­le wurden schon zurück­ge­legt? Aus dieser Bestands­auf­nah­me können dann weite­re Schrit­te abge­lei­tet werden, um das Nach­hal­tig­keits­en­ga­ge­ment einer Hoch­schu­le sicht­ba­rer zu machen. Die Orien­tie­rung am Leit­bild der nach­hal­ti­gen Entwick­lung darf jedoch nicht nur Perspek­ti­ve für die Profil­bil­dung einzel­ner Hoch­schu­len sein, sondern muss das gesam­te deut­sche Wissen­schafts­sys­tem umfas­sen. Nach­hal­tig­keit muss in der Hoch­schu­le struk­tu­rell einge­bet­tet und wirk­sam werden. Um dies zu gewähr­leis­ten, muss der nach­hal­ti­gen Entwick­lung eine beson­de­re Rolle im Ziel­sys­tem der Hoch­schu­len beigemes­sen werden. Das Ziel soll­te Bestand­teil grund­le­gen­der Posi­tio­nie­run­gen der Hoch­schu­len sein (Grund­ord­nung, Stra­te­gie­pa­pie­re, Missi­on State­ment), bei der Ausge­stal­tung der Gover­nan­ce berück­sich­tigt werden sowie Gegen­stand ihrer regel­mä­ßi­gen Bericht­erstat­tung sein. Auf der Grund­la­ge der formu­lier­ten Leit­idee soll­ten konkre­te Schrit­te zur Umset­zung entwi­ckelt werden. Zentra­les Ziel muss es sein, eine Kultur der Nach­hal­tig­keit an Hoch­schu­len zu entwi­ckeln. Dabei sind die indi­vi­du­el­le Moti­va­ti­on und das persön­li­che Enga­ge­ment von Studie­ren­den, Lehren­den, Forschen­den und allen weite­ren Beschäf­tig­ten zu fördern.

Zusätz­li­che Mittel für Nach­hal­tig­keit an Hochschulen

Ohne zusätz­li­che Mittel und ohne poli­ti­sche Unter­stüt­zung können die Hoch­schu­len ihrer Verant­wor­tung in der Gestal­tung einer nach­hal­ti­gen Hoch­schu­le in Lehre, Forschung und Betrieb nicht gerecht werden. Ohne intel­li­gen­te und neue Orga­ni­sa­ti­ons­lö­sun­gen können Hoch­schu­len die gefor­der­ten Kapa­zi­tä­ten nicht zügig aufbau­en. Verant­wor­tung zuzu­wei­sen ist die eine Seite der Medail­le, Verant­wort­lich­keit ermög­li­chen die ande­re. Dafür müssen das Staats­mi­nis­te­ri­um für Wissen­schaft und Kunst, die Hoch­schul­lei­tun­gen, die akade­mi­schen Inter­es­sens­ver­tre­tun­gen wie Hoch­schu­le Bayern und Univer­si­tät Bayern, die Fach­­be­­reichs- und Fakul­täts­lei­tun­gen wie auch alle Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen gemein­sam am kompli­zier­ten Prozess der nach­hal­ti­gen Entwick­lung von Hoch­schu­len mitar­bei­ten. Doch zahl­rei­che Maßnah­men zur Umset­zung der vorge­schla­ge­nen Ziele erfor­dern zunächst verän­der­te gesetz­li­che Rahmen­be­din­gun­gen sowie die Bereit­stel­lung von zusätz­li­chen finan­zi­el­len und perso­nel­len Ressour­cen. Gleich­wohl bedarf es einer klaren Schwer­punkt­set­zung der Hoch­schul­lei­tun­gen, die im Zuge der Vertei­lung ihrer hoch­schul­in­ter­nen Ressour­cen, der Hoch­schul­ent­wick­lung und der Projekt­för­de­rung auch eige­ne Maßnah­men zur Verbes­se­rung der Nach­hal­tig­keit ihrer Hoch­schu­le einlei­ten können.

Posi­ti­on

Landes-ASten-Konfe­renz Bayern
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