Das vergan­ge­ne Sommer­se­mes­ter stand ganz unter dem Zeichen der Coro­­na-Pande­­mie. Erst­mals in der Geschich­te muss­ten die Hoch­schu­len die zuvor schlep­pend verlau­fen­de Digi­ta­li­sie­rung in hoher Geschwin­dig­keit voran­trei­ben, um den Forschungs- und Lehr­be­trieb auch in Zeiten von Kontakt­be­schrän­kun­gen und Gebäu­de­schlie­ßun­gen aufrecht­zu­er­hal­ten. Mit viel Enga­ge­ment, Mut und demo­kra­ti­scher Betei­li­gung wurden Lösun­gen gefun­den, die Nach­tei­le für alle Betei­lig­ten, insbe­son­de­re für die Studie­ren­den, ausge­schlos­sen haben. Essen­zi­ell war hier­bei auch die gute Zusam­men­ar­beit mit den Hoch­schul­ver­bün­den und dem baye­ri­schen Staats­mi­nis­te­ri­um für Wissen­schaft und Kunst. Landes­weit wurde durch dieses die Verlän­ge­rung von Prüfungs­fris­ten sowie die Einfüh­rung der indi­vi­du­el­len Regel­stu­di­en­zeit beschlos­sen, und damit zwei zentra­le Forde­run­gen der Landes­stu­die­ren­den­ver­tre­tung umge­setzt, die maßgeb­lich zum Gelin­gen des Sommer­se­mes­ters beigetra­gen haben.

Auch im Winter­se­mes­ter 2020/21 stehen die baye­ri­schen Hoch­schu­len wieder stark unter dem Einfluss der Coro­­na-Pande­­mie. Während zwar in Bayern im Gegen­satz zu ande­ren Bundes­län­dern keine flächen­de­cken­de Schlie­ßung der Hoch­schu­len verfügt wurde, stehen diese dennoch unter dem Risi­ko einer durch die loka­len Behör­den verfüg­ten Schlie­ßung aufgrund zu hoher Inzi­denz­wer­te. Hinzu kommen die Auswir­kun­gen des von Bund und Ländern gemein­sam beschlos­se­nen “Lock­down light” im Monat Novem­ber, um dem über­aus dyna­mi­schen Infek­ti­ons­ge­sche­hen Einhalt bieten zu können. Auch die sozia­le und finan­zi­el­le Lage der Studie­ren­den ist in der Coro­na­kri­se weiter ange­spannt. Die unzu­rei­chend ausge­stal­te­te Über­brü­ckungs­hil­fe für Studie­ren­de ist nach einer Ausset­zung im Monat Okto­ber für den Novem­ber aufgrund der ange­spann­ten Lage wieder ange­lau­fen. Dies ist nur eines von vielen Indi­zi­en, die auf die erschwer­ten Bedin­gun­gen für die Studie­ren­den hinweist.

Digi­ta­le Lehre verbes­sern – Studier­bar­keit sichern

Diese über­aus unsi­che­ren Rahmen­be­din­gun­gen führ­ten bereits jetzt dazu, dass eini­ge Hoch­schu­len im Gegen­satz zur ursprüng­li­chen Planung in der Form eines hybri­den Semes­ters wieder voll­stän­dig auf einen digi­ta­len Lehr- und Studi­en­be­trieb umge­stellt haben. Während die baye­ri­schen Hoch­schu­len im Sommer­se­mes­ter viel­fäl­ti­ge Erfah­run­gen mit der digi­ta­len Lehre sammeln konn­ten und auch die Dozie­ren­den mit großen Enga­ge­ment ihre Lehre digi­ta­li­siert haben, blei­ben struk­tu­rel­le Nach­tei­le hinsicht­lich des Wissens­er­werbs, sowie der zu erwer­ben­den Kompe­ten­zen bestehen. Des Weite­ren eignet sich die rein digi­ta­le Vermitt­lung von Lehr­in­hal­ten nicht für alle Studie­ren­den glei­cher­ma­ßen. Unter­schied­li­che Lern­ty­pen erfor­dern unter­schied­li­che Vermitt­lungs­me­tho­den, deren Umset­zung im digi­ta­len Raum häufig noch an tech­ni­sche sowie didak­ti­sche Einschrän­kun­gen stößt.

Das Credo in unse­rem Beschluss zum Sommer­se­mes­ter war das Sommer­se­mes­ter als ein beson­de­res Semes­ter anzu­er­ken­nen, dass außer­halb der Regel­stu­di­en­zeit statt­fin­det, dabei die Studier­bar­keit berück­sich­tigt und demzu­fol­ge keinem Studie­ren­den Nach­tei­le durch die aktu­el­le Situa­ti­on entste­hen zu lassen. Der Gedan­ke der Studier­bar­keit und das Vermei­den von Nach­tei­len muss auch in das Winter­se­mes­ter 2020/21 trans­fe­riert werden. Nicht jede/r Studie­ren­de kann mit den Anfor­de­run­gen einer reinen digi­ta­len Lern­welt ohne Kontakt zu Kommi­li­to­nIn­nen und Dozie­ren­den zurecht­kom­men, demzu­fol­ge muss der Druck der Errei­chung von 30 ECTS genom­men werden. Natür­lich soll jedem Studie­ren­den es auch weiter­hin ermög­licht werden sein volles Leis­tungs­pen­sum auszu­schöp­fen und möglichst alle geplan­ten Prüfun­gen abzu­le­gen. Dabei soll insbe­son­de­re hinsicht­lich der Able­gung von Präsenz­prü­fun­gen während des Winter­se­mes­ters auf die Planungs­si­cher­heit für die Studie­ren­den sowie die Barrie­re­frei­heit der Prüfung Rück­sicht genom­men werden.

Vor dem Hinter­grund, dass das Studi­um im Winter­se­mes­ter wieder maßgeb­lich durch digi­ta­le Lehre abge­bil­det werden muss, hat unse­re bereits im Sommer­se­mes­ter erho­be­ne Forde­rung nach einem massi­ven Ausbaus der hoch­schul­di­dak­ti­schen Einrich­tun­gen (z.B. Profil­Leh­re­Plus für die Univer­si­tä­ten sowie dem DIZ Ingol­stadt für die Hoch­schu­len für ange­wand­ten Wissen­schaf­ten) weiter­hin obers­te Aktua­li­tät. Die Vermitt­lung hoch­schul­di­dak­ti­scher Kompe­ten­zen ist bisher kein wesent­li­cher Bestand­teil inner­halb einer akade­mi­schen Lauf­bahn, sodass die Kompe­ten­zen der Dozie­ren­den im Einsatz und der Verwen­dung digi­ta­ler Tool sehr hete­ro­gen ausge­prägt sind. Neben der vorhan­de­nen Bereit­schaft der Dozie­ren­den an Fort- und Weiter­bil­dungs­an­ge­bo­ten teil­zu­neh­men, müssen diese auch in ausrei­chen­dem Maße zur Verfü­gung stehen. Die hoch­schul­di­dak­ti­sche Förde­rung soll sich jedoch nicht nur auf Dozie­ren­de, sondern eben­so auf studen­ti­sche Tuto­rIn­nen bezie­hen. Hier­bei muss das Ange­bot sowohl synchro­ne wie auch asyn­chro­ne Lehr­for­ma­te berück­sich­ti­gen. Nur so kann die im Eckpunk­te­pa­pier des Staats­mi­nis­te­ri­ums zur Hoch­schul­ge­setz­no­vel­le beschwo­re­ne “digi­ta­le DNA” des baye­ri­schen Hoch­schul­we­sens auch tatsäch­lich bei ihren Mitglie­dern ankommen.

Um krisen­be­ding­ten Einschrän­kun­gen in der Nutzung von synchro­nen Online-Ange­­bo­­ten entge­gen­zu­wir­ken, haben wir bereits im Sommer­se­mes­ter empfoh­len Lern­in­hal­te zur asyn­chro­nen Nutzung dauer­haft bereit­zu­stel­len. Es freut uns außer­or­dent­lich, dass das Staats­mi­nis­te­ri­um in seinem Schrei­ben vom 15.05.2020 dieser Empfeh­lung gefolgt ist und die Hoch­schu­len zu einer stär­ke­ren Nutzung asyn­chro­ner Lehr­for­ma­te ange­regt hat. Leider ist in der Praxis zu beob­ach­ten, dass diese Empfeh­lung wenig Auswir­kung hatte. Die Hoch­schu­len haben vom Ange­bot asyn­chro­ner Lehre und damit während des gesam­ten Semes­ters abruf­ba­rer Vorle­sungs­auf­zeich­nun­gen nur gerin­gen Gebrauch gemacht und blie­ben damit weit hinter dem mögli­chen Poten­zi­al der digi­ta­len Lehre zurück. Dies ist insbe­son­de­re bedau­er­lich, da die online abge­hal­te­nen Lehr­ver­an­stal­tun­gen bereits digi­tal vorlie­gen und diese daher mit gerin­gem zusätz­li­chen Kosten- und Perso­nal­auf­wand dauer­haft gespei­chert werden könn­ten. Wir möch­ten daher die Hoch­schul­lei­tun­gen ermu­ti­gen, die Dozie­ren­den für eine Bereit­stel­lung asyn­chro­ner Lehr­for­ma­te zu sensi­bi­li­sie­ren und deren Anzahl signi­fi­kant zu erhöhen.

Kontakt­re­du­zie­rung durch Wahlfreiheit

Das aktu­el­le Infek­ti­ons­ge­sche­hen in Bayern macht eine adäqua­te Nach­ver­fol­gung durch die Gesund­heits­äm­ter unmög­lich. Es ist davon auszu­ge­hen, dass Infek­tio­nen in allen Berei­chen der Gesell­schaft statt­fin­den, über­all da wo Kontak­te einge­gan­gen werden. Dies betrifft auch die Hoch­schu­len und alle in Präsenz statt­fin­den­den Lehr- und Prüf­ver­an­stal­tun­gen. In Anbe­tracht dieser Erkennt­nis ist es nicht verant­wort­bar, Präsenz­ver­an­stal­tun­gen als Pflicht für Studie­ren­de durch­zu­füh­ren. Die LAK Bayern fordert eine landes­wei­te Rege­lung, die Hoch­schu­len verpflich­tet, zu allen in Präsenz orga­ni­sier­ten Lehr­ver­an­stal­tun­gen und Prüfun­gen eine Online-Alter­na­­ti­­ve bereit­zu­stel­len; von der Pflicht ausge­nom­men sind prak­ti­sche Veran­stal­tun­gen. Studie­ren­de sollen die grund­sätz­li­che Wahl­frei­heit erhal­ten, auf die Teil­nah­me an Präsenz verzich­ten zu können und statt­des­sen die Online-Alter­na­­ti­­ve zu nutzen. Gera­de in der Orien­tie­rungs­pha­se im ersten und zwei­ten Fach­se­mes­ter ist eine Wahl­frei­heit von Präsenz- und Online­an­ge­bo­ten wich­tig. Durch den Wech­sel von Präsenz zu Online dürfen den Studie­ren­den keine Nach­tei­le für ihren Studi­en­ver­lauf oder die Studier­bar­keit des Winter­se­mes­ters 2020/21 entstehen.

Ein beson­de­res Augen­merk muss in diesem Semes­ter auf die Situa­ti­on der Erst­se­mes­ter gelegt werden. Nach­dem auch schon das vergan­ge­ne Schul­jahr und die Abitur­prü­fun­gen im Jahr 2020 unter erschwer­ten Bedin­gun­gen statt­ge­fun­den haben, müssen diese Perso­nen auch ihr Studi­um unter histo­risch einma­li­gen Umstän­den begin­nen. Trotz zahl­rei­cher guter Konzep­te der Hoch­schu­len, die im Vorfeld zum Semes­ter­be­ginn erstellt wurden, um den Erst­se­mes­tern Präsenz­un­ter­richt zu ermög­li­chen, muss­ten bereits nach zwei bis drei Wochen viele wieder in den voll­stän­di­gen Digi­tal­be­trieb wech­seln. Genau diese Grup­pe benö­tigt für das erste Semes­ter beson­de­re Unter­stüt­zun­gen, um trotz der dieser erschwer­ten Umstän­de einen angst- und sorgen­frei­en Studi­en­start erle­ben zu können.

Einbin­dung in Krisen- und Planungsstäbe

Bereits im Sommer­se­mes­ter haben die Hoch­schu­len eige­ne Krisen- und Planungs­stä­be zur Bewäl­ti­gung der Pande­mie einge­rich­tet oder bereits bestehen­de Gremi­en mit dieser Aufga­be betraut. Viele Hoch­schu­len haben dort auch Vertre­te­rIn­nen der Studie­ren­den aufge­nom­men, was wir ausdrück­lich begrü­ßen. Nach­dem in diesen Gremi­en Entschei­dun­gen mit großer Trag­wei­te in Bezug auf die Lehre getrof­fen werden, ist es nur recht und billig, dass die Studie­ren­den direkt ihre Ansich­ten einbrin­gen können. Diese Betei­li­gung weitet zudem den Blick­win­kel des Gremi­ums und führt perspek­ti­visch zu ausge­wo­ge­ne­ren Entschei­dun­gen. Zusätz­lich erleich­tert die direk­te Einbe­zie­hung der Studie­ren­den­ver­tre­tung auch die Kommu­ni­ka­ti­on der dort getrof­fe­nen Entschei­dun­gen in die Studie­ren­den­schaft hinein. Wir fordern daher dort, wo es noch nicht gesche­hen ist, die unver­züg­li­che Aufnah­me von Studie­ren­den­ver­tre­te­rIn­nen in die die Krisen- und Planungs­stä­be der Hochschulen.

Beson­de­re Umstän­de – Beson­de­re Regelungen

Rück­bli­ckend war es ein muti­ger Schritt des Staats­mi­nis­te­ri­ums für Wissen­schaft und Kunst im Sommer­se­mes­ter eine landes­weit gülti­ge Rege­lung zur Regel­stu­di­en­zeit einzu­füh­ren und damit Scha­den von den Studie­ren­den abzu­wen­den. Wir danken Herrn Staats­mi­nis­ter Sibler, der sich für die Belan­ge der Studie­ren­den und die hier­für erfor­der­li­chen Ände­run­gen im Hoch­schul­ge­setz stark gemacht hat. Die Einfüh­rung der indi­vi­du­el­len verlän­ger­te Regel­stu­di­en­zeit im Arti­kel 99 des Baye­ri­schen Hoch­schul­ge­set­zes hat eine auto­ma­ti­sche Verlän­ge­rung der BAföG-Förder­höchs­t­­dau­er zur Folge, und stellt darüber hinaus auch die Zahlung von an die Regel­stu­di­en­zeit gekop­pel­te Stipen­di­ums­bei­trä­gen, sowie die Verlän­ge­rung der Studen­ten­wohn­heims­dau­er sicher. Ande­re Bundes­län­der, die hier zöger­li­cher gehan­delt haben, haben entwe­der keine landes­wei­ten Rege­lun­gen verfügt, was zu einem Wirr­warr an sich teils wider­spre­chen­den Einzel­maß­nah­men an den Hoch­schu­len geführt hat führt, oder zwar eine landes­wei­te Rege­lung erar­bei­tet, die aber aufgrund der Untä­tig­keit im Vorfeld Stand heute, noch immer nicht in den Hoch­schul­ge­set­zen der betrof­fe­nen Länder, wie Sach­sen oder Nieder­sach­sen umge­setzt sind. Beides ist schafft keine Rechts- und Planungs­si­cher­heit und ist somit weder im Inter­es­se der Hoch­schu­len noch der Studierenden.

Insge­samt bedarf es daher auch im Winter­se­mes­ter 2020/21 einheit­li­che, landes­weit verfüg­te Rege­lun­gen. Nach­dem alle Hoch­schul­mit­glie­der in Bayern von den Auswir­kun­gen der Coro­­na-Pande­­mie betrof­fen sind, muss der Grund­satz gelten: landes­weit erschwer­te Umstän­de – landes­weit gülti­ge Nach­teils­aus­glei­che. Nur hier­durch wird sicher­ge­stellt, dass alle Studie­ren­den unter den glei­chen Rahmen­be­din­gun­gen studie­ren­den können und somit auch die Chan­cen­gleich­heit im Studi­um gewahrt wird. Wir fordern daher auch im Winter­se­mes­ter 2020/21 eine Prüfungs­frist­ver­län­ge­rung an allen Hoch­schu­len sowie die erneu­te Akti­vie­rung des Arti­kels 99 Absatz 2 im Baye­ri­schen Hoch­schul­ge­setz zur Verlän­ge­rung der Regelstudienzeit.

Posi­ti­on

Landes-ASten-Konfe­renz Bayern
c/o Studie­ren­den­ver­tre­tung der LMU
Leopold­stra­ße 15
80802 München