50 Jahre BAföG – und nur noch 11% der Studierenden erhalten eine BAföG-Förderung. [1] Aus Sicht der LAK Bayern ist das ein Armutszeugnis für den Bildungsstandort Deutschland. Rasant steigende Mieten und Lebenshaltungskosten in großen Hochschulstädten, aber auch höherer Ausgaben für technische Ausstattung und Mobilität haben den Finanzbedarf für ein Studium erheblich steigen lassen. Außerdem wird nachhaltiger und bewusster Konsum auch für Studierende immer wichtiger, weshalb die Ausgaben für z.B. Ernährung und Kleidung weiter steigen werden. Durch die stetig wachsende Zahl Studierender nach einer Berufsausbildung und im Teilzeitstudium sowie durch die ansteigende Quote internationaler Studierender wird die Studierendenschaft zudem immer heterogener.
Die Bundesausbildungsförderung benötigt deshalb zu ihrem runden Geburtstag neben einem Geburtstagskuchen auch eine ganzheitliche und nachhaltige Reformierung, um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden.
Für die Reformierung des BAföG fordert die LAK Bayern folgende Punkte:
Anpassung der Bezugsdauer
Durchschnittlich erreichen nur ein Drittel der Studierenden ihren Abschluss in der Regelstudienzeit, wogegen aber 77% die Regelstudienzeit plus 2 Semester benötigen. [2] Für eine chancengerechte und sozial starke Ausrichtung des BAföG muss die Bezugshöchstdauer auf mindestens Regelstudienzeit plus 2 Semester angehoben werden. Weitere Bezugssemesters sollen bei stark belastenden Lebensphasen wie Krankheit oder Pflege von Angehörigen, sowie ehrenamtliches Engagement gewährt werden können.
Flexibler Wohnkostenzuschuss
Die freie Wahl des Studiums darf nicht durch hohe Mieten in Großstädten eingeschränkt werden. In bestimmten Studiengängen wie z.B. Medizin kann man es sich zudem oft nicht aussuchen, wo man einen Studienplatz bekommt. Das BAföG muss deshalb regionale Unterschiede des Mietspiegels in Zukunft durch einen flexiblen Wohnkostenzuschuss berücksichtigen.
Einführung einer Digital- und Lernmittelpauschale
Im Schnitt gaben Studierende 2016 56€ pro Monat für Internetzugang und Lernmaterialien aus [3]. Allerdings ist zu beachten, dass die Aufwendungen je nach Studiengang deutlich höher liegen können. Mit den aktuellen BAföG-Sätzen werden diese studiumsbezogenen notwendigen Ausgaben jedoch nicht berücksichtigt. Ein BAföG, das für echte Bildungsgerechtigkeit sorgen möchte, muss dort nachbessern und die Studierenden beim selbstorganisierten Lernen unterstützen.
Elternunabhängiges BAföG
Nicht jede Familie kann oder möchte die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren, das muss endlich im BAföG berücksichtigt werden. Die Einkommens- und Vermögungsfreibeträge müssen deshalb für die kurzfristige Planung erhöht und an das Mittelstandseinkommen angepasst werden; langfristig muss das BAföG aber elternunabhängig aufgestellt sein.
Regelmäßige Anpassung der Fördersätze
Aktuell liegt der durchschnittliche BAföG-Satz mit 514€ [4] deutlich unter dem tatsächlichen finanziellen Bedarf der Studierenden in Deutschland von etwa 900€ [1]. Die oben genannten Forderungen erhöhen bereits die Förderungen für Studierende. Für ein nachhaltiges und ganzheitliches BAföG muss auch festgelegt werden, welche Fördersätze in den kommenden Jahren und Jahrzehnten gelten. Es wäre denkbar, die Fördersätze, Pauschalen und Zuschüsse automatisch durch eine Kopplung an die Preissteigerung anzupassen oder durch eine Expert*innenrunde alle zwei Jahre verbindlich beschließen zu lassen.
Berücksichtigung des Teilzeitstudiums
Studierende haben oft eine vielfältigen Lebensbiografien, das hat sehr unterschiedliche Gründe; vom Nebenerwerb über Familiengründung oder Kinderbetreuung hin zu physischen, psychischen oder chronischen Krankheiten. Ein Vollzeitstudiengang ist dabei oft nicht leistbar und ein Teilzeitstudium eine gute Alternative. Studierende dürfen durch ihre vielfältige Lebensbiografien nicht benachteiligt werden. Deshalb muss ein Teilzeitstudium endlich im BAföG, zu mindestens anteilig, berücksichtigt werden.
Abbilden des lebenslangen Lernens
Jeder sollte die Möglichkeit haben, auch zu einem späteren Zeitpunkt zu studieren oder sich weiterbilden zu können. Durch eine Aufhebung der Altersgrenze würde man dem Bestreben nach lebenslangem Lernen für die Gesellschaft und dem steigenden Bedarf nach Fachkräften in Deutschland gerecht werden.
Nichtanrechnung des Verdienstes bei verpflichtenden Praktika
Bei vielen Studiengängen, vor allem an Hochschulen der angewandten Wissenschaften, schreibt die Studiengangsordnung ein Pflichtpraktikum vor oder während dem Studium vor. Wird dieses vergütet, wird der BAföG-Bedarf um die volle Höhe der Vergütung gesenkt. Das trifft vor allem diejenigen hart, die sich für die Zeit des Praktikums eine zusätzliche Wohnung leisten müssen, oder größere Fahrt- und Pendelwege haben. Die Entlohnung bei Praktika dient nicht der Bereicherung der Studierenden, sondern der Deckung dieser Kosten während des Praktikums. Deswegen sollten Verdienste aus Pflichtpraktika nicht vom BAföG abgezogen werden.
Digitalisierung des BAföG
Im Zuge der BAföG-Reform muss auch das Antragsverfahren digitalisiert und entbürokratisiert werden. Durch ein Onlineportal können viele Stressfaktoren für Studierende ausgeräumt werden, z.B. Vollständigkeit der Anträge, Zeitdruck über den postalischen Weg, etc. Außerdem können bei einer digitalen Erfassung der Anträge, bereits angegebene Daten automatisch gespeichert und für die kommende Antragstellung direkt wiederverwendet werden. Hierbei darf die Digitalisierung sich nicht auf die Antragsstellung beschränken, auch die Studierenden- und Studentenwerke müssen die Möglichkeit bekommen, die digital gestellten Anträge digital zu verarbeiten und nicht weiterhin ausdrucken zu müssen.
BAföG für internationale Studierende
Die Diversität an deutschen Hochschulen und die gesellschaftliche Bereicherung, die internationale Studierende bei uns in Deutschland beisteuern, wird sehr geschätzt. Nur folgerichtig wäre es, auch im Ausland kein “Cherry-Picking” zu betreiben, sondern alle, die für ein Studium nach Deutschland kommen, äquivalent zu den inländischen Studierenden zu fördern. Damit sollen gezielt auch Menschen die Chance gegeben werden, unser Land und unsere Kultur kennenzulernen, die das allein nicht stemmen könnten. Eine faire Unterstützung für internationale Studierende schafft Wertschätzung für ihren Studienort und kann sie mitunter dazu bewegen, ihr erworbenes Wissen und ihre Fähigkeiten auch in Deutschland und Europa einzusetzen.
Position
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München