Mit Beginn der Coro­­na-Krise stand die baye­ri­sche Hoch­schul­land­schaft vor einem noch nie da gewe­se­nen Problem: Plötz­lich muss­ten 400.000 Studie­ren­de digi­tal unter­rich­tet werden. Das stell­te für alle Partei­en eine enor­me Heraus­for­de­rung dar und wurde mit sehr unter­schied­li­chem Erfolg umge­setzt.  Seit zwei Jahren wird sich in der Folge wieder nach der Lehre vor Coro­na zurück­ge­sehnt. Wir als LAK Bayern stel­len die Frage: Ist das über­haupt wünschens­wert? Gera­de jetzt ist ein guter Zeit­punkt, um inne­zu­hal­ten und zu über­le­gen, wie die Lehre in zehn oder zwan­zig Jahren ausse­hen könn­te. In acht Visio­nen stellt die Landes­stu­die­ren­den­ver­tre­tung auf den folgen­den Seiten vor, wie die Lehre der Zukunft gestal­tet werden kann.

 

1. Visi­on: Inter­ak­ti­ve und kompe­tenz­ori­en­tier­te Lehre

Mono­log­ar­ti­ge Vorle­sun­gen sollen der Vergan­gen­heit ange­hö­ren. Statt­des­sen soll in Zukunft bei Präsenz­ver­an­stal­tun­gen verstärkt auf inter­ak­ti­ve Lehr­for­ma­te, wie z.B. projekt­ba­sier­te Vorle­sun­gen, problem­ori­en­tier­te Semi­na­re uvm. gesetzt werden. Durch Inter­ak­ti­vi­tät ergibt sich die Möglich­keit, didak­tisch mehr auf die Studie­ren­den einzu­ge­hen und gezielt auf die indi­vi­du­el­len Lern­fort­schrit­te zu achten. Auch Lehr­mo­del­le wie Blen­ded Lear­ning oder Flip­ped Class­room können zu einer Verti­fung des Lehr­in­hal­tes beitragen.

Große Grund­la­gen­vor­le­sun­gen wird es weiter­hin geben. Gera­de bei diesen bietet sich eine asyn­chro­ne Nach­be­rei­tung der vermit­tel­ten Inhal­te an. Diese Vorle­sun­gen soll­ten daher mit asyn­chron digi­ta­len oder hybri­den synchro­nen inter­ak­ti­ven Elemen­ten und Didak­ti­ken berei­chert werden. Solche können z.B. Umfra­gen, Quiz­ze oder anony­men Wissens­ab­fra­gen beinhal­ten. Somit bekom­men auch die Lehren­den sofort Feed­back, welche Inhal­te gut und welche weni­ger verstan­den wurden. Als Werk­zeu­ge sollen hier­für die Möglich­kei­ten der Digi­ta­li­sie­rung einge­setzt werden, um ein kolla­bo­ra­ti­ves Arbei­ten und Lernen einfach zu ermöglichen.

Außer­dem ist es schon heute wich­tig, den Studie­ren­den statt reiner Wissens­ver­mitt­lung auch Kompe­ten­zen im Bereich der Wissens­an­eig­nung und kriti­schen Quel­len­be­wer­tung beizu­brin­gen. Dies wird vor dem Hinter­grund einer immer digi­ta­le­ren Welt mit ihrer Fülle an Infor­ma­ti­on und Fehl­in­for­ma­ti­on in Zukunft nur noch wich­ti­ger. Daher sollen bei der Entwick­lung neuer Lehr­kon­zep­te und ‑forma­te immer auch die Kompe­tenz­ent­wick­lung mit fokus­siert werden.

Die Lehre der Zukunft ist inter­ak­tiv gestal­tet und vermit­telt neben Fakten­wis­sen auch Metho­den­kom­pe­ten­zen und Soft Skills.

 

2. Visi­on: Chan­cen­gleich­heit für Studierende

Die Forde­run­gen nach asyn­chro­ner Bereit­stel­lung von Vorle­sungs­in­hal­ten sind nicht erst seit der Pande­mie ein Thema, aber sie wurden dadurch defi­ni­tiv verstärkt. Dabei stellt das ort- und zeit­un­ab­hän­gi­ge Studie­ren entge­gen vielen Befürch­tun­gen keinen Wider­spruch zu Präsenz­ver­an­stal­tun­gen dar. Viel­mehr kann es Studie­ren­den Sicher­heit geben und fördert eher den Fokus in den Präsenz­ver­an­stal­tun­gen. Hier­bei sollen asyn­chron bereit­ge­stell­te Lehr­in­hal­te als Zusatz­an­ge­bot dienen und Präsenz­ver­an­stal­tun­gen nur in Ausnah­me­fäl­len ersetzen.

Zudem gibt es unter­schied­li­che Grün­de, warum Studie­ren­de nicht zu einer Vorle­sung erschei­nen können, so z.B. Studie­ren­de mit Kind, paral­le­le Arbeit, Arzt­ter­mi­ne, Krank­heit. Hoch­schu­len haben hier die Chan­ce, sich an die gesell­schaft­li­che Reali­tät der letz­ten Jahr­zehn­te und die erwei­ter­te Ziel­grup­pe anzu­pas­sen und attrak­ti­ve Ange­bo­te für alle zu liefern. Durch eine asyn­chro­ne Bereit­stel­lung von Lehr­in­hal­ten kann unkom­pli­ziert sicher­ge­stellt werden, dass für Studie­ren­de keine Nach­tei­le entste­hen.  Diese aufge­zeich­ne­ten Inhal­te können auch im Nach­gang je nach Wich­tig­keit der Aktua­li­tät in dem jewei­li­gen Fach für ein Folge­se­mes­ter wieder­ver­wen­det werden. Bei Grund­la­gen­vor­le­sun­gen, deren Inhalt sich selten verän­dert, ist die Bereit­stel­lung von Aufzeich­nun­gen in größe­ren Abstän­den möglich.

Diese soll­ten aber mit aktu­el­len wissen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen regel­mä­ßig ergänzt werden. Bei der Bereit­stel­lung live aufge­zeich­ne­ter Veran­stal­tun­gen ist selbst­ver­ständ­lich auf den Daten­schutz der anwe­sen­den Studie­ren­den zu achten. Auch die quali­ta­tiv sehr wünschens­wer­te Einbin­dung von inter­na­tio­na­len Expert*innen wird durch ein digi­ta­les Ange­bot wesent­lich vereinfacht.

Durch gut aufbe­rei­te­te digi­ta­le Lehr­in­hal­te können weite­re Vortei­le wie über­grei­fen­de Bildungs­platt­for­men, neue Lehr­for­men und ein indi­vi­du­el­les Lern­tem­po der Studie­ren­den entste­hen und geför­dert werden. Ein gut gewar­te­ter und anspre­chend aufbe­rei­te­ter digi­ta­ler Lehr­pool, der bayern­weit, perspek­ti­visch aber auch euro­pa­weit zur Verfü­gung steht, schafft Ressour­cen bei den Dozie­ren­den und ermög­licht eine vernünf­ti­ge Einbin­dung der digi­ta­len Inhal­te in das Lehr­an­ge­bot. Bei diesem können beispiels­wei­se oft gele­se­ne Inhal­te in klei­nen Häpp­chen von 10–15 Minu­­ten-Vide­os zur Verfü­gung gestellt werden. Zudem erhöht ein digi­tal zugreif­ba­res und viel­fäl­ti­ges Ange­bot von hoch­qua­li­ta­ti­ven Spezi­al­se­mi­na­ren und Vorle­sun­gen zwischen den Hoch­schu­len die Lehr­qua­li­tät und Frei­heit im Studium.

Bei Lehr­ver­an­stal­tun­gen, welche in klei­ne­ren Grup­pen paral­lel durch­ge­führt werden, wie z.B. Tuto­ri­en, soll­te es jeweils ein Teil­an­ge­bot in digi­ta­ler Form geben, sofern das digi­ta­le Ange­bot didak­tisch gleich­wer­tig zur Präsenz­form sein kann. Dafür und für digi­ta­le Lern­grup­pen­tref­fen sollen alle Studie­ren­de kosten­los und dauer­haft Zugang zu einer daten­schutz­kon­for­men Video­kon­fe­renz­platt­form haben.

Parti­ell digi­ta­le synchro­ne und asyn­chro­ne Lehre sichert die Chan­cen­gleich­heit unter Studie­ren­den. Außer­dem fördert eine hoch­schul­über­grei­fen­de Vernet­zung die Lehr­qua­li­tät und schafft bei den Dozie­ren­den Ressour­cen, um sich auf eine anspre­chen­de Wissens­ver­mitt­lung zu konzentrieren.

 

3. Visi­on: Lear­ning Analy­tics als Ergän­zung zur Erfas­sung des indi­vi­du­el­len Lernfortschritts

Diese orts- und zeit­un­ab­hän­gi­ge Bereit­stel­lung von Inhal­ten ermög­licht es Studie­ren­den auch, in ihrem eige­nen Tempo zu lernen. Dabei könn­ten sie neben den ausge­ge­be­nen Lern­zie­len auch von Lear­ning Analy­tics unter­stützt werden. Dies soll als frei­wil­li­ge, sinn­vol­le Ergän­zung zum guten Unter­richt dienen und keines­falls diesen erset­zen. Eben­falls soll die Frei­heit im Studi­um durch neue Lern­me­tho­den und Werk­zeu­ge nicht beschnit­ten, sondern berei­chert werden. Unnö­ti­ger und zusätz­li­cher Druck durch KI gestütz­te Über­wa­chung des Lern­fort­schritts muss vermie­den werden. In diesen Fällen wären digi­ta­le Selbst­kon­troll­tests zu den einzel­nen Lern­mo­du­len eine sinn­vol­le Alter­na­ti­ve. Weite­re wich­ti­ge Aspek­te beim Einsatz neuer Metho­den sind Daten­schutz und der Erhalt von Eigen­ver­ant­wort­lich­keit und Selbst­be­stim­mung der Studie­ren­den. Bei Anwen­dung von Lear­ning Analy­tics muss den Studie­ren­den trans­pa­rent mitge­teilt werden, welche ihrer Daten wie perso­na­li­siert und/oder unper­so­na­li­siert von wem verar­bei­tet werden und wer Zugriff auf diese Daten hat. KI-Einsatz in der Hoch­schul­leh­re kann aber den zwischen­mensch­li­chen Umgang und die Lern­erfah­rung während der Inter­ak­ti­on zwischen Dozie­ren­den und Studie­ren­den nicht erset­zen. Neben der Wissens­ver­mitt­lung ist das Studi­um weiter­hin ein wich­ti­ger Lebens­ab­schnitt zur Persönlichkeitsentwicklung.

Hier­bei ist wich­tig, dass Lear­ning Analy­tics als zusätz­li­che Evalua­ti­on für die einzel­nen Studie­ren­den und die Lehren­den dient, keine Voraus­set­zung für Prüfung sein und nicht nega­tiv in die Prüfungs­be­wer­tung einflie­ßen darf. Lear­ning Analy­tics Anwen­dun­gen sollen nicht den eige­nen Studi­en­fort­schritt behin­dern, sondern viel­mehr den Studie­ren­den ihren eige­nen Wissen­stand aufzei­gen.  Außer­dem sollen Lehren­de die Möglich­keit haben, anonym den Wissen­stand und Lern­fort­schritt der Studie­ren­den mitzuverfolgen.

Studie­ren­de sollen regel­mä­ßi­ge Möglich­kei­ten zur Selbst­eva­lua­ti­on ihres Lern­fort­schritts haben. Diese können unter Wahrung des Daten­schut­zes tech­nisch reali­siert werden und helfen auch den Dozie­ren­den bei der Vor- und Aufbe­rei­tung ihrer Vorlesungen.

 

4. Visi­on: Struk­tu­rel­le Inte­gra­ti­on der Bildung für nach­hal­ti­ge Entwicklung

Die Gene­ral­ver­samm­lung der Verein­ten Natio­nen verab­schie­de­te 2015 die soge­nann­ten SDGs (Sustainable Deve­lo­p­ment Goals = Ziele für nach­hal­ti­ge Entwick­lung), die die Basis für die welt­wei­te nach­hal­ti­ge Entwick­lung vorge­ben. Bei der Veran­ke­rung von Nach­hal­tig­keit in der Gesell­schaft, Wirt­schaft und im Staat in allen Sekto­ren sind Hoch­schu­len sehr rele­van­te Play­er. Neben der Forschung an Lösun­gen, ist auch die Bildung und Ausbil­dung der jungen Gene­ra­ti­on eine sehr rele­van­te Instanz.  An Hoch­schu­len wird heute ein guter Teil der Entscheidungsträger*innen von morgen ausge­bil­det, die von Beginn an lernen sollen, ihre Entschei­dun­gen anhand der global defi­nier­ten Nach­hal­tig­keits­zie­le zu tref­fen. Primär muss deshalb Bildung für nach­hal­ti­ge Entwick­lung (BNE) in allen Studi­en­gän­gen und – program­men struk­tu­rell veran­kert werden. Dabei sollen die Thema­ti­ken in bereits bestehen­de Modu­le einflie­ßen, zusätz­li­che Modu­le und auch expli­zit neue Studi­en­gän­ge geschaf­fen werden. Die Konzep­te für Nach­hal­tig­keit sind eine inter- und trans­dis­zi­pli­nä­re Aufga­be, die im Kontext des jewei­li­gen Studi­en­gangs stehen soll und fach­spe­zi­fi­sche Antwor­ten auf die gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Heraus­for­de­run­gen findet. Nach­hal­tig­keit soll­te sich durch das gesam­te Curri­cu­lum ziehen und in möglichst vielen Modu­len inte­gra­tiv veran­kert werden. Dabei ist nicht das Pensum der Studi­en­in­hal­te zu erhö­hen, sondern das allum­fas­sen­de Thema Nach­hal­tig­keit bei der Studi­en­gangs­kon­zep­ti­on von Beginn an zu berück­sich­ti­gen bzw. zu inte­grie­ren. Bei Staats­examens­stu­di­en­gän­gen muss der Frei­staat hier gemein­sam mit dem Bund die Vorga­ben und Inhal­te weiterentwickeln.

Zusätz­lich sollen neue inter- und trans­dis­zi­pli­nä­re Modu­le geschaf­fen werden, in welchen sich die Studie­ren­den über ihren Fach­be­reich hinaus weiter­bil­den und zusam­men­ar­bei­ten. Dabei soll allen Studie­ren­den der Zugang zu inter­dis­zi­pli­nä­ren Modu­len gege­ben werden. Neben der allge­mei­nen Bildung aller Studie­ren­den im Bereich Nach­hal­tig­keit, sollen auch spezi­fisch auf nach­hal­ti­ge Zukunfts­the­men ausge­rich­te­te Studi­en­gän­ge (z.B. Elek­tro­mo­bi­li­tät, Klima­schutz­ma­nage­ment, Sozi­al­un­ter­neh­mer­tum, syste­mi­sche Trans­for­ma­ti­on) geschaf­fen werden. Solche Studi­en­gän­ge sollen sich von Beginn an den SDGs orien­tie­ren und werden auch von Arbeit­ge­bern immer mehr nach­ge­fragt.  Des Weite­ren ist es erstre­bens­wert, dass flächen­de­ckend Zusatz­stu­di­en „Nach­hal­tig­keit“ im Rahmen eines Zerti­fi­kats­er­werbs ange­bo­ten werden.

Um die schnel­le Weiter­ent­wick­lung und Anpas­sung der Studi­en­in­hal­te zu gewähr­leis­ten und neue Program­me auf den Weg zu brin­gen, sind Weiter­bil­dungs­an­ge­bo­te für Lehren­de notwen­dig. Lehren­de, die diese Ange­bo­te wahr­neh­men, soll­ten für ihr Enga­ge­ment zusätz­lich belohnt werden. Dies kann beispiels­wei­se durch die Entlas­tung von Lehr­ka­pa­zi­tät, der Frei­stel­lun­gen für Fort­bil­dun­gen oder nach­hal­ti­ge Lehr­prei­se geschehen.

An Hoch­schu­len, die Nach­hal­tig­keit struk­tu­rell in bestehen­den Studi­en­pro­gram­men veran­kern oder neue Studi­en­an­ge­bo­te in Form von neuen Studi­en­gän­gen oder Zusatz­stu­di­en anbie­ten, ist die Nach­fra­ge in den letz­ten Jahren merk­lich gestie­gen. In der kommen­den Studie­ren­den­ge­ne­ra­ti­on zeich­net sich vermehrt der Wunsch ab, die globa­len Proble­me unse­rer Zeit, wie bspw. die Klima­kri­se, zu verste­hen und dementspre­chend zu handeln. Auch sind diese Fähig­kei­ten auf dem sich schnell wandeln­den Arbeits­markt extrem von Nutzen. Die Inte­gra­ti­on von BNE in alle Studi­en­fä­cher hilft bei der Bildung der notwen­di­gen „Future Skills“.

Studie­ren­de sollen in Berei­chen der Nach­hal­tig­keit studi­en­gangs­un­ab­hän­gig gebil­det und ausge­bil­det werden. Nach­hal­ti­ge Themen sollen dabei inte­gral in das Curri­cu­lum einge­bun­den werden und wich­ti­ge Kompe­ten­zen vermitteln.

 

5. Visi­on: Inte­gra­ti­on von Soft­s­kills und Future Skills

Die Globa­li­sie­rung, das Inter­net und die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung verän­dern unse­re Gesell­schaft so schnell wie noch nie zuvor. Die Anfor­de­run­gen der Wissen­schaft, der Wirt­schaft und der Gesell­schaft sind deut­lich ande­re als noch vor eini­gen Jahren und Jahr­zehn­ten. Mit Wissen umzu­ge­hen und es anzu­wen­den ist heute aufgrund der dauer­haf­ten Abruf­bar­keit von Wissen durch das Inter­net genau­so in den Fokus gerückt, wie das inter­dis­zi­pli­nä­re Denken und Zusam­men­ar­beit. So bedient sich beispiels­wei­se die Verhal­tens­öko­no­mie aus Inhal­ten der Psycho­lo­gie und Ingenieur*innen werden mit ethi­schen Frage­stel­lun­gen konfron­tiert. Die eige­ne Persön­lich­keit sowie außer­uni­ver­si­tä­res Enga­ge­ment und Weiter­bil­dung gewin­nen auf dem Arbeits­markt in den meis­ten Berufs­grup­pen immer mehr an Rele­vanz. Neue Fähig­kei­ten sind gefragt: Inter­na­tio­na­le und inter­kul­tu­rel­le Zusam­men­ar­beit, verant­wort­li­che Führung, Präsen­ta­ti­ons­tech­ni­ken, sozia­le Kompa­ti­bi­li­tät, ethi­sche und mora­li­sche Einord­nun­gen, Fähig­kei­ten, Wissen zu verknüp­fen und die Fähig­keit zu wissen, wie Wissen erlangt werden kann.

Eine Ausbil­dung im Bereich geschlech­­ter- und ethnisch sensi­bler Spra­che stellt eben­falls einen uner­setz­ba­ren Teil der Lehre da. Wer zukünf­tig beruf­lich erfolg­reich sein möch­te, muss seinen Mitmen­schen gegen­über Empa­thie zeigen und die Fähig­keit beherr­schen, sich an eine stän­dig wandeln­de Kultur anzu­pas­sen. Wenn­gleich diese notwen­di­gen Soft- und Future Skills nicht die grund­le­gen­de Basis und das grund­le­gen­de Fach­ver­ständ­nis ablö­sen, so sind sie bereits heute enorm wich­tig. Aus diesen Grün­den soll­ten in jedem Studi­en­gang expli­zi­te Modu­le für Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen und Soft Skills vorge­se­hen werden. Das können zum einen zusätz­li­che Quali­fi­ka­tio­nen im Bereich Nach­hal­tig­keit (siehe Visi­on 4), aber auch persön­lich­keits­bil­den­de Quali­fi­ka­tio­nen sein. Zu Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen gehö­ren u.a. Sprach­kur­se, Rheto­rik­se­mi­na­re, Kurse zu Inte­gra­ti­on und Inklu­si­on, zum Umgang mit konven­tio­nel­len und neuen Medi­en, zu ethik­ba­sier­tes Projekt­ma­nage­ment wert­schät­zen­der Kommu­ni­ka­ti­on oder Wissenschaftsreflexion.

Mit Inter­dis­zi­pli­na­ri­tät und mit Future Skills können Menschen globa­le Heraus­for­de­run­gen wie ökolo­gi­sche Krisen, globa­le sozia­le Unge­rech­tig­kei­ten oder Gesund­heits­kri­sen gemein­sam, bran­chen und gesell­schafts­über­grei­fend lösen. Diese Fähig­kei­ten sind zudem ein Beitrag zur Stabi­li­sie­rung der Demo­kra­tie, zur Vorbeu­gung von gesell­schaft­li­cher Diskri­mi­nie­rung und zur Hori­zont­er­wei­te­rung der Einzelnen.

Soft­s­kills und Future Skills sind ein inte­gra­ler Bestand­teil der zukünf­ti­gen akade­mi­schen Ausbil­dung. Die baye­ri­schen Studie­ren­den werden durch die Vermitt­lung solcher Kompe­ten­zen im späte­ren Berufs­le­ben profitieren.

 

6. Visi­on: Lehr- und Lern­räu­me der Zukunft

Durch neue Lehr­kon­zep­te wie Flip­ped Class­room und Blen­ded Lear­ning werden neue Anfor­de­run­gen an Lehren­de und Lernen­de gestellt. Damit diese und weite­re sich in den nächs­ten Jahren noch entwi­ckeln­de Lern­kon­zep­te reali­sie­ren lassen, müssen auch die Lehr- und Lern­räu­me an den Hoch­schu­len und Univer­si­tä­ten neuen Anfor­de­run­gen gerecht werden. Durch die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se der Lehren­den und Lernen­den müssen Räum­lich­kei­ten eben­so inno­va­tiv, flexi­bel und dyna­misch sein wie die Lehr­kon­zep­te, welche darin ausge­übt werden.

Der klas­si­sche Fron­tal­un­ter­richt wird immer mehr an Bedeu­tung verlie­ren. Dage­gen wird Kompe­tenz oder projekt­ori­en­tier­te Lehre zuneh­mend mehr Raum und Zeit einneh­men. Dafür werden ande­re Räum­lich­kei­ten, wie Semi­­nar- und Grup­pen­ar­beits­räu­me benö­tigt. Diese müssen sich auch physisch an die neuen Heraus­for­de­run­gen anpas­sen können. Hier­für sind besse­re tech­ni­sche Ausstat­tung und flexi­ble­re Bauwei­sen der Räum­lich­kei­ten nötig. Raum­auf­tei­lun­gen und ‑struk­tu­ren müssen schnell anneue Lehr­kon­zep­te anpass­bar sein und mit wenig Aufwand von den Nutzen­den adap­tiert werden können. Die meis­ten Hörsä­le sollen beispiels­wei­se nicht fix bestuhlt sein, sondern mit mobi­len Sitz­plät­zen und Tischen ausge­stat­tet werden.

Durch hybri­de oder digi­ta­le Lehr­an­ge­bo­te muss die tech­ni­sche Infra­struk­tur verbes­sert werden. Ein Zugang zu schnel­lem und stabi­lem Inter­net ist auch an den Hoch­schu­len und Univer­si­tä­ten eine Grund­vor­aus­set­zung. Hier­bei ist auch zu beach­ten, dass Studie­ren­de und Lehren­de bereits jetzt nicht nur ein mobi­les Endge­rät besit­zen. Jedes Gerät benö­tigt einen Inter­net­zu­gän­ge und eine eige­ne Strom­ver­sor­gung. Diese Endge­rä­te müssen auch einfach mit den Syste­men wie beispiels­wei­se Beamern, Moni­to­ren etc. vor Ort kommu­ni­zie­ren können. Mit einem hybri­den Lehr­an­ge­bot müssen die Lehr­räu­me nicht mehr zwin­gend der Kurs­grö­ße entspre­chen. Statt­des­sen soll­ten Räum­lich­kei­ten hoch­wer­tig ausge­stat­tet sein, um digi­ta­le und hybri­de Inhal­te bequem und effi­zi­ent bear­bei­ten zu können.

Um eine kompe­­tenz- und projekt­ori­en­tier­te Lehre umset­zen können, müssen zudem ausrei­chend digi­ta­le Tools zum kolla­bo­ra­ti­ven Arbei­ten und Datei­en- und Doku­men­ten­aus­tausch zur Verfü­gung gestellt werden, welche wieder­um von den Nutzen­den einfach zu bedie­nen und in der Gebäu­de­infra­struk­tur gut erreich­bar sind.

Planung, Bau und Reno­vie­rung von bestehen­den und neuen Gebäu­den sollen studie­ren­den­zen­triert durch­ge­führt werden. Durch eine trans­pa­ren­te und offe­ne Bauwei­se entste­hen ein Gemein­schafts­ge­fühl und Offen­heit zwischen Lehren­den und Studie­ren­den. Der Campus der Zukunft soll nicht nur eine reine Lehr- und Lern­stät­te, sondern auch ein Ort zur Begeg­nung und des offe­nen Austauschs und Trans­fer werden. Hier­bei soll­ten Hoch­schu­len und Univer­si­tä­ten ledig­lich das Gerüst der Räum­lich­kei­ten stel­len. Studie­ren­de und Lehren­de können diese dann selbst gestalten.

Eine neue, flexi­ble und trans­pa­ren­te Bauwei­se von Hoch­schu­len und Univer­si­tä­ten muss für moder­ne Lehr- und Lern­for­ma­te etabliert werden. Hier­für muss studie­­ren­­den- und lehren­den­zen­triert gedacht werden, um den Heraus­for­de­run­gen von Lehre und Studi­um der Zukunft gerecht zu werden.

 

7. Visi­on: Hoch­schu­len als Ort des lebens­lan­gen Lernens

Hoch­schu­len soll­ten sich in Zukunft noch mehr als gene­rel­le Bildungs­an­stal­ten begrei­fen und begrif­fen werden. In der sich schnell wandeln­den Zeit und mit den bevor­ste­hen­den gesell­schaft­li­chen Heraus­for­de­run­gen, wird lebens­lan­ges Lernen immer wich­ti­ger. Hier spielt vor allem Anpas­sungs­fä­hig­keit eine wesent­li­che Rolle. Studie­ren­de müssen zukünf­tig nicht nur aktu­el­le Fach­kennt­nis­se beherr­schen, sondern die emotio­na­le und sozia­le Intel­li­genz besit­zen, sich an eine stän­dig ändern­de Arbeits­welt anzupassen.

Hoch­schu­len soll­ten sich als öffent­li­che Anstal­ten mehr für Weiter­bil­dun­gen und Teil­zeit­stu­di­en­gän­ge öffnen. Ein wich­ti­ger Bestand­teil dabei sind Weiter­bil­dun­gen für eige­nes Perso­nal. Professor*innen und weite­re Lehren­de sowie wissen­schaft­li­che und nicht­wis­sen­schaft­li­che Mitar­bei­ten­de sollen regel­mä­ßi­ge Fort­bil­dun­gen ange­bo­ten bekom­men und wahr­neh­men. Damit können neue Kompe­ten­zen geför­dert werden, die im Rahmen der Digi­ta­li­sie­rung, der Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit und der nach­hal­ti­gen Trans­for­ma­ti­on essen­zi­ell sind. Hoch­wer­ti­ge Fort­bil­dun­gen inner­halb der Hoch­schul­land­schaft soll­ten mehr forciert, geför­dert und zur Norma­li­tät werden.

Dafür ist es in Summe auch notwen­dig, dass die Lehre forschungs­nä­her wird und aktu­el­le Forschungs­er­kennt­nis­se auch schnel­ler in die Lehre umge­setzt werden. Somit kann die drit­te kommen­de Säule des Trans­fers im Hoch­schul­in­no­va­ti­ons­ge­setz direkt in die Tat umge­setzt werden.

Lebens­lan­ges und forschungs­na­hes Lernen soll für alle Menschen ermög­licht und für alle Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen zur Selbst­ver­ständ­lich­keit werden.

 

8. Visi­on: Hoch­wer­ti­ges Quali­täts­ma­nage­ment für und durch alle Beteiligten

Um die genann­ten Aspek­te guter und anspruchs­vol­ler Lehre zu gewähr­leis­ten, bedarf es auch einer anhal­ten­den Selbst­re­fle­xi­on der Betei­lig­ten. Konti­nu­ier­li­che Verbes­se­rungs­pro­zes­se sind keine Einschrän­kung der Frei­heit der Lehre, sondern eine Berei­che­rung. Parti­zi­pa­ti­ve Quali­täts­pro­zes­se sichern nicht nur die Akkre­di­tie­run­gen in baye­ri­schen Hoch­schu­len, sondern spie­geln auch wich­ti­ge demo­kra­ti­sche Grund­sät­ze wider. Sie müssen allen Status­grup­pen zugäng­lich sein und jede*r Hoch­schul­an­ge­hö­ri­ge soll­te es als eige­ne Pflicht sehen, an diesen Prozes­sen teil­zu­neh­men. Neben den Akkre­di­tie­rungs­sie­geln können Hoch­schu­len sich eben­falls mit dem posi­ti­ven Feed­back ihrer Studie­ren­den vermark­ten. Baye­ri­sche Hoch­schu­len sollen auch den Aufwand nicht scheu­en und möglichst alle Lehr­ver­an­stal­tun­gen evalu­ie­ren. Dieser Rege­lung müssen aktu­ell nur Lehr­be­auf­trag­te nach­ge­hen, Professor*innen evalu­ie­ren ihre Lehr­ver­an­stal­tun­gen teil­wei­se nicht einmal jähr­lich.  Evalua­tio­nen sind aber ein wich­ti­ges Werk­zeug, um die Lehre konti­nu­ier­lich verbes­sern zu können und einen ande­ren Dialog zwischen Dozie­ren­den und Studie­ren­den anzu­sto­ßen. Dozie­ren­de, welche aus der Moti­va­ti­on heraus junge Menschen unter­rich­ten, um ihnen nicht nur fach­li­che Kennt­nis­se zu vermit­teln, sondern auch eine gute und konstruk­ti­ve Diskus­si­ons­kul­tur aufzu­zei­gen, profi­tie­ren von solchen Prozes­sen. Sehr viele gute und enga­gier­te Professor*innen führen bereits regel­mä­ßi­ge Feed­­back-Runden, Round Tables u. ä. durch. Dieser Aufwand lohnt sich und soll­te flächen­de­ckend veran­kert und durch alle Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen prak­ti­ziert werden. Die offe­ne Diskus­­si­ons- und Verbes­se­rungs­kul­tur soll nicht nur durch Studie­ren­de und Hoch­schu­len als Bildungs­ein­rich­tun­gen ausge­lebt werden, sondern durch alle Mitar­bei­ten­den mitge­stal­tet werden.

Das offe­ne, persön­li­che Gespräch wird sicher nie ersetzt werden. Anwen­dungs­freund­li­che digi­ta­le Werk­zeu­ge können aber Hemm­schwel­len abbau­en. Campus-Apps können als einfa­ches und nieder­schwel­li­ges Inter­face zur konti­nu­ier­li­chen Zwischen-Evalua­­ti­on und Feed­back entwi­ckelt werden.  Denk­bar sind auch spie­le­ri­sche Ansät­ze wie Local Guides am Campus oder ein Beloh­nungs­punk­te­sys­tem. Diese Platt­for­men soll­ten idea­ler­wei­se für alle Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen zugäng­lich sein. Zwischen­eva­lua­tio­nen im Semes­ter oder konti­nu­ier­li­che Evalua­tio­nen nach jeder Lehr­ver­an­stal­tung bieten die Möglich­keit, während des Semes­ters Metho­di­ken und Didak­ti­ken anzu­pas­sen, bzw. einzel­ne Themen zu wiederholen.

Damit die Refle­xi­on der Ergeb­nis­se der Evalua­ti­on von der Lehr­per­son ange­regt wird, wäre eine schrift­li­che Stel­lung­nah­me gegen­über der Fach­ver­tre­tung, wie Studiendekan*innen, denk­bar. Diese Stel­lung­nah­me könn­te die Lehr­per­son auch mit ihren Studie­ren­den durch­ge­hen, um ergän­zen­des Feed­back zu unkla­ren Punk­ten zu erhalten.

Ein inter­ak­ti­ves Lehr- und Lern­um­feld sichert lang­fris­tig die hohe Quali­tät und Attrak­ti­vi­tät der baye­ri­schen Hoch­schu­len. Zu einem steti­gen Quali­täts­ma­nage­ment gehört auch ein regel­mä­ßi­ger Austausch zwischen den Status­grup­pen. Digi­ta­le Tools helfen außer­dem, die Betei­li­gung an Evalua­tio­nen zu stär­ken und so einen besse­ren Über­blick zu behal­ten. Zudem ist eine schrift­li­che Refle­xi­on der Ergeb­nis­se der Evalua­ti­on der Lehren­den wünschenswert.

Posi­ti­on

Landes-ASten-Konfe­renz Bayern
c/o Studie­ren­den­ver­tre­tung der LMU
Leopold­stra­ße 15
80802 München