In ihrem letz­ten Posi­ti­ons­pa­pier hat die LAK Bayern Visio­nen der Zukunft der Lehre [1] formu­liert. Ob die Lehre dann tatsäch­lich erfolg­reich und gelun­gen ist, erfah­ren die Lehren­den und Studie­ren­den am Ende in der Modul­prü­fung. Prüfun­gen sind ein inte­gra­ler Bestand­teil des Studi­ums. Durch sie wird entschie­den, ob Studie­ren­de das nöti­ge Wissen und die nöti­gen Fähig­kei­ten erwor­ben haben, um ihre ange­streb­te Berufs­be­zeich­nung zu erhal­ten. Selbst­er­klä­rend gibt es eine große Viel­falt an Prüfun­gen und der Prüfungs­or­ga­ni­sa­ti­on an den unter­schied­li­chen Hoch­schu­len, Fakul­tä­ten und Studi­en­gän­gen. Die Viel­falt in der Art geht mit einer Vari­anz in der Quali­tät einher. Auch bei Prüfun­gen gibt es noch Verbes­se­rungs­po­ten­ti­al. Die LAK Bayern hat in dem folgen­den Papier die fünf wich­tigs­ten Visio­nen im Bereich der Prüfun­gen an baye­ri­schen Hoch­schu­len zusam­men­ge­tra­gen, die die Quali­tät der Ausbil­dung von baye­ri­schen Studie­ren­den verbes­sern werden.

1. Visi­on: Kompe­tenz­ori­en­tier­te Prüfungsformate
In der heuti­gen Welt werden ganz ande­re Heraus­for­de­run­gen an die Arbeitnehmer*innen von morgen gestellt. Ein reines Abru­fen von Wissen ist immer weni­ger vonnö­ten, als dies vor 50 Jahren noch der Fall war. Deshalb müssen sich die baye­ri­schen Hoch­schu­len den Heraus­for­de­run­gen der aktu­el­len Zeit stel­len und eine kompe­tenz­ori­en­tier­te Lehre anbie­ten. Diese kompe­tenz­ori­en­tier­te Lehre kann auch nicht mehr in allen Fällen mit den klas­si­schen Prüfungs­for­ma­ten abge­prüft werden. Viel­mehr muss die Prüfung als Teil der Ausbil­dung und Persön­lich­keits­ent­wick­lung der Studie­ren­den gese­hen werden. Die kompe­tenz­ori­en­tier­ten Prüfungs­for­ma­te sollen zum Ziel haben, Studie­ren­de ideal auf die Arbeits- und Wissen­schafts­welt von morgen vorzu­be­rei­ten und eine ganz­zeit­li­che Bildung im Sinne des humboldt­schen Bildungs­ide­als zu fördern.
Unter­schied­li­che Prüfungs­for­ma­te eignen sich unter­schied­lich gut für die Abfra­ge von Kompe­ten­zen. Multi­ple Choice Fragen müss­ten beispiels­wei­se durch weiter­füh­ren­de Frei­text­fra­gen ergänzt werden, um die getrof­fe­ne Entschei­dung auszu­füh­ren oder anzu­wen­den, was eine tatsäch­li­che Kompe­tenz in einem Fach­ge­biet erken­nen lässt. Projekt­ar­bei­ten können erheb­lich zu einem tiefen Durch­drin­gen der Mate­rie beitra­gen. Aller­dings sind diese auch sehr aufwän­dig, weswe­gen sie sich nicht für alle Modu­le eignen.
Prüfun­gen sollen zur Kompe­tenz­ent­wick­lung der Studie­ren­den beitra­gen. Dafür müssen fach­spe­zi­fisch geeig­ne­te Prüfungs­for­ma­te gewählt und aufein­an­der abge­stimmt werden.

2. Visi­on: Gleich­be­rech­ti­gung und Schutz durch Pseudonymisierung
Aktu­ell findet nur an weni­gen Hoch­schu­len eine Pseud­ony­mi­sie­rung bei Klau­su­ren statt. Wir unter­stüt­zen die Pseud­ony­mi­sie­rung, welche durch Art. 4 Nr. 5 DSGVO defi­niert wird. Darun­ter versteht man die Verar­bei­tung perso­nen­be­zo­ge­ner Daten in einer Weise, dass die Daten ohne Hinzu­zie­hung zusätz­li­cher Infor­ma­tio­nen nicht mehr einer spezi­fi­schen Person zuge­ord­net werden können. Für eine Pseud­ony­mi­sie­rung spricht der Schutz der persön­li­chen Daten der Prüf­lin­ge, der Schutz vor bewuss­ter, aber auch unbe­wuss­ter Diskri­mi­nie­rung sowie die Vermei­dung von prüfungs­recht­li­chen Ausein­an­der­set­zun­gen. Der Vorwurf der Befan­gen­heit (Art. 21 BayV­wVfG) bei Prüfungs­an­fech­tun­gen kann hier­durch in der Regel ausge­schlos­sen werden. Umge­setzt werden kann die Pseud­ony­mi­sie­rung durch die reine Nutzung der Matri­kel­num­mer, welche in der Regel keine bis weni­ge Rück­schlüs­se auf die Iden­ti­tät des* Studie­ren­den zulässt oder auch durch eine Kombi­na­ti­on aus Matri­kel­num­mer und Sitzplatznummer.
Selbi­ges gilt auch für die Verkün­dung von Noten. Es darf nicht möglich sein, durch öffent­li­che Aushän­ge Rück­schlüs­se auf die Noten von Kommilitonen*innen zu ziehen.
Prüfun­gen und Prüfungs­er­geb­nis­se müssen echt pseud­ony­mi­siert sein. Nur so kann bewuss­te oder unbe­wuss­te Diskri­mi­nie­rung ausge­schlos­sen werden.

3. Visi­on: Faire und planungs­si­che­re Prüfungsumstände
Prüfungs­zeit­räu­me laufen teil­wei­se von Hoch­schu­le zu Hoch­schu­le unter­schied­lich ab. Die Zeit­räu­me unter­schei­den sich etwas und auch die Anzahl der Prüfungs­zeit­räu­me vari­iert. Wenigs­tens inner­halb einer Hoch­schu­le soll­ten aber die Fris­ten unter­ein­an­der abge­stimmt und kongru­ent sein. So sind zum Beispiel Korrek­tur­fris­ten so zu setzen, dass Studie­ren­de früh genug erfah­ren, ob Sie eine Prüfung wieder­ho­len müssen oder nicht. So können sie sich vor einem even­tu­el­len Zweit­ver­such gezielt darauf vorbe­rei­ten. Leider ist das aktu­ell noch nicht flächen­de­ckend der Fall. Teil­wei­se ist noch nicht einmal gesi­chert, dass Studie­ren­de ihre Noten kennen, bevor sie eine darauf aufbau­en­de Prüfung antre­ten wollen. Das ist unbe­dingt zu verhindern.
Des Weite­ren kann es passie­ren, dass Studie­ren­de im Abschluss­jahr­gang noch durch eine Prüfung fallen und ihr Studi­um erst ein Semes­ter später offi­zi­ell abschlie­ßen können. Daran schlie­ßen sich manch­mal viele Proble­me an wie die Studi­ums­fi­nan­zie­rung, wenn das BAföG oder das Stipen­di­um wegfal­len, Wohnungs­pro­ble­me, wenn die Maxi­mal­woh­nungs­zeit in Wohn­hei­men über­schrit­ten wird oder auch ganz simpel die Verzö­ge­rung des Berufs­ein­stiegs. Daher wäre es wünschens­wert, für gera­de diese Studie­ren­de, wenn es nur noch um eine letz­te Prüfung geht, eine zeit­na­he Nach­hol­klau­sur zu ermög­li­chen, um Studie­ren­de nicht länger als notwen­dig an die Hoch­schu­le zu binden.
Konkre­te Korrek­tur­fris­ten sollen Studie­ren­den Planungs­si­cher­heit gewähr­leis­ten. Außer­dem ermög­li­chen geziel­te Ange­bo­te für Nach­hol­prü­fun­gen einen schnel­le­ren Abschluss mancher Studierender.

4. Visi­on: Mehr Trans­pa­renz in Prüfungskommissionen
Prüfungs­aus­schüs­se und ‑kommis­sio­nen beein­flus­sen Studie­ren­de entschei­dend. Dort wird über den recht­mä­ßi­gen Ablauf von Prüfun­gen, Prüfungs­an­mel­dun­gen und ‑abmel­dun­gen und insbe­son­de­re auch Härte­fall­an­trä­ge entschie­den. Beson­ders viel bekom­men davon aber nicht einmal inter­es­sier­te Studie­ren­de mit. Dabei ist Trans­pa­renz gera­de in diesen Gremi­en beson­ders wich­tig, denn nur trans­pa­ren­te Vorgän­ge schaf­fen Verständ­nis und Akzeptanz.
Ein einfa­ches Mittel, um die Trans­pa­renz zu stei­gern, ist die Inte­gra­ti­on eines bera­ten­den, studen­ti­schen Mitglieds in die Prüfungs­kom­mis­si­on. Teil­wei­se müssen dafür erst noch die notwen­di­gen Rahmen­be­din­gun­gen geschaf­fen werden. Ein bera­ten­des Mitglied hätte neben der Trans­pa­renz für Studie­ren­de auch den Vorteil, dass bei Entschei­dun­gen über Studie­ren­de eine Stel­lung­nah­me von Studie­ren­den einge­holt werden kann. Diese zusätz­li­che Perspek­ti­ve kann Entschei­dun­gen zuguns­ten der Hoch­schu­le verbessern.
Studie­ren­de sollen in Prüfungs­kom­mis­sio­nen durch ein bera­ten­des, studen­ti­sches Mitglied vertre­ten sein.

5. Visi­on: Leich­te Spra­che in Rechts­tex­ten insbe­son­de­re im Bereich Prüfungen
Studie­ren ist unkom­pli­ziert – zumin­dest, wenn man in ideal­ty­pi­schen Studi­en­ver­läu­fen und auf vorge­eb­ne­ten Pfaden studiert. Kommen Studie­ren­de von diesen ab, haben sie es plötz­lich mit mannig­fal­ti­gen Ordnun­gen, Satzun­gen aber eben auch Geset­zen und Verord­nun­gen zu tun, die Rech­te und Pflich­ten für die Studie­ren­den fest­le­gen. Beson­ders im Bereich Prüfun­gen sind Kennt­nis­se über Fris­ten, Wieder­ho­lungs­prü­fun­gen, Unter­schleif, Rück­tritt, Korrek­tur­fris­ten, Format oder Daten­schutz von großer Wichtigkeit.
Leider sind diese Rechts­tex­te und die daraus abzu­lei­ten­den Rech­ten und Pflich­ten für Studie­ren­de – wenn diese nicht gera­de Jura studie­ren – oft schwer verständ­lich. Bei Satzun­gen und Ordnun­gen der Hoch­schu­le hilft oft die Studi­en­gangs­ko­or­di­na­ti­on weiter; bei Geset­zen oder Verord­nun­gen gibt es keine vergleich­ba­re Instanz. Dazu kommt die Schwie­rig­keit zu wissen, welche der vielen Verord­nun­gen in einer spezi­el­len Situa­ti­on Anwen­dung findet. Deswe­gen fordern wir, dass für alle rele­van­ten Rechts­tex­te ein Kommen­tar oder Leit­fa­den in leicht verständ­li­che Spra­che bereit­ge­stellt wird, der z.B. auf einer Websei­te zentral aufzu­fin­den ist. So wird es Studie­ren­den ermög­licht, sich zu infor­mie­ren, ohne auf exter­ne Hilfe ange­wie­sen zu sein, die oft drin­gend selbst benö­tig­te Ressour­cen bindet.
Ein leich­ter Zugang zu Gese­t­­zes- und Ordnungs­tex­ten in einfa­cher Spra­che verschafft Studie­ren­den mehr Über­sicht über ihre Rech­te und Pflich­ten im Studium.

[1] https://​www​.lak​.bayern/​2​0​2​2​/​0​3​/​1​3​/​z​u​k​u​n​f​t​–​d​e​r​–​l​e​h​re/

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