In allen Bereichen des Lebens ist in den letzten Wochen und Monaten eine enorme Kostenexplosion zu verzeichnen. Die Inflation im Monat Juli betrug im Vergleich zum Vorjahresmonat + 7,6 % [1]. Ähnliche Zustände gab es zuletzt zu den steigenden Mineralölpreisen, welche aufgrund des ersten Golfkriegs im Jahr 1981 entstanden. [2] Diese Inflationskrise betrifft alle Bereiche in ganz Deutschland. Die aktuell geplanten Maßnahmen versuchen, einen großen Anteil der Bevölkerung wie auch weite Bereiche der Industrie zu entlasten. Die bayerische Hochschullandschaft wie auch die dort tätigen Studierenden werden aber weitestgehend nicht betrachtet.
Die Lage der Studierenden
Die Studierenden trifft diese prekäre Lage besonders hart. Bereits in der Corona-Pandemie wurden diese einfach vergessen. Bei der Inflationskrise ist dies auch eine akute Gefahr.
Maßnahmen, wie der vom Deutschen Bundestag beschlossene Heizkostenzuschuss, erreichen nur Studierende, welche auch BAföG berechtigt sind. Alle anderen Studierenden in Bayern und Deutschland gehen hierbei leer aus. Hier kommt noch hinzu, dass die erst kürzlich beschlossenen Anpassungen im BAföG-Gesetz durch die Inflation komplett aufgefressen werden.
Die Probleme betreffen Studierende aber in allen Lebensbereichen. Die steigenden Kosten, wie beispielsweise bei den Lebensmitteln, können in Zukunft nicht mehr gedeckt werden. Dies führt dazu, dass Studierende sich – wenn möglich – einen zusätzlichen Nebenjob nehmen müssen. Dies wiederum resultiert darin, dass sich die Studiendauer bei vielen Studierenden verlängert, die Prüfungsleistungen sich verschlechtern und insbesondere die psychische Belastung steigt.
Auch die steigenden Heizkosten befeuern die finanzielle Situation der Studierenden. In den Wohnungen der Studierenden steigen bereits jetzt die Nebenkosten. Auch die Studierendenwerke müssen die steigenden Preise in naher Zukunft an die Studierenden weitergeben, wenn dies nicht bereits passiert ist. Um dem zu entgehen, müssen die Studierendenwerke finanziell besser ausgestattet werden.
Für Studierende im ländlichen Raum sind die steigenden Spritpreise ein erhebliches Problem. Der ÖPNV ist oft nicht oder schlecht ausgebaut und die Distanzen sind zu lang, um zu Fuß oder mit dem Rad zu fahren. Deshalb benötigen in ländlichen Regionen viele Studierende den PKW. Die Studierenden, die unsere Zukunft gestalten werden, dürfen deshalb finanziell nicht wieder vergessen werden. Entlastungen, die sich nur auf den ÖPNV beziehen, haben für die Betroffenen, die auf ein Auto angewiesen sind, somit keine Wirkung. Mittelfristig muss der ÖPNV ausgebaut werden, um nachhaltige und inklusive Mobilität für alle zu ermöglichen. Die Hochschulen sollten gerade auch Mitfahrgelegenheiten und Carpooling fördern und Plattformen anbieten, um energiesparendere und klimafreundlichere Mobilität zu etablieren.
Viele Studierende in Bayern nehmen die Angebote des Hochschulsportes an den bayerischen Hochschulen wahr. Gerade im Winter finden viele Sportarten in Hallen und Schwimmbädern statt. Wenn Gemeinden, Schulen oder Hochschulen selbst diese aus Energiegründen schließen, fallen viele Möglichkeiten weg. Gerade der Hochschulsport ist aber für viele Studierende ein guter, wichtiger und preiswerter Weg, einen Ausgleich zum Studienalltag zu finden. Deshalb müssen insbesondere die Sporthallen dauerhaft offenbleiben, auch wenn die Temperatur leicht abgesenkt wird.
Wenn hier nicht schnell gehandelt wird, entstehen für die bayerische Hochschullandschaft auch langfristige Folgen. Für viele Studierende wird ein Studium dann nicht mehr möglich sein. Diese werden sich stattdessen einen Beruf suchen oder langfristig wieder bei den Eltern wohnen. Die Studierendenzahlen würden dann bayernweit zurückgehen.
Die Studierenden müssen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln unterstützt werden. Andernfalls droht eine gewaltige Welle an Studienabbrecher*innen, welche sich das Studium nicht mehr leisten können. Dadurch werden Bildungsgerechtigkeit und Aufstiegschancen gerade vieler Erstakademiker*innen gefährdet.
Die Lage der Hochschulen
In der heutigen Zeit liegen die Herausforderungen nicht nur bei den Studierenden. Auch die Hochschulen haben mit den steigenden Kosten zu kämpfen. Zum einen sind die gestiegenen Energiekosten eine Belastung, welche ausgeglichen werden muss. Die FAU Erlangen-Nürnberg beispielsweise hat hierzu bereits Maßnahmen entwickelt, welche durch ein optimiertes Nutzungsverhalten jeder einzelnen Person Einsparungen von 6 bis 8 % ermöglicht [3]. Derartige Maßnahmen und Einsparungen sind für alle bayerischen Hochschulen empfehlenswert.
Zum anderen sind auch die steigenden Kosten für die Praktika und Versuche der Studierenden, insbesondere bei den naturwissenschaftlichen Studiengängen, eine große Mehrbelastung für die Hochschulen. Ohne diese Versuche und Laborpraktika kann eine qualifizierte Lehre nicht stattfinden. Hier werden die Grundsteine für das spätere Arbeitsleben gelegt. Nichtsdestotrotz machen die steigenden Kosten auch hier nicht Halt.
Was nicht passieren darf, ist, dass die Einsparungen an den Studierenden hängenbleiben, beispielsweise durch eine Einschränkung der Nutzung der Bibliotheken und Lernräume. Studierende haben verschiedene Lerntypen. Während manche von dem Lernen in ihrer eigenen Wohnung profitieren, brauchen andere eine klare Lernatmosphäre, wie sie eben in Bibliotheken oder Lernräumen gegeben ist. Eine Verschiebung des primären Lern- und Lehrraums in die Wohnungen der Studierenden würde zudem die finanzielle Belastung durch Heizung- und Stromkosten auf die Studierenden um verlagern.
Der schlimmste Fall wäre die Schließung der Hochschule selbst und die Rückkehr zur digitalen Lehre. Hierbei würden die Kosten auf die Studierenden umgewälzt, welche hierbei wesentlich höhere Strom- und Heizkosten zahlen müssten. Eine der Erkenntnisse der digitalen Lehre ist, dass sie mit der normalen vor-Corona Lehre nicht zu vergleichen ist. Die bayerische Hochschullandschaft hat in den vergangenen zwei Jahren stark unter den digitalen Verhältnissen gelitten. Es wurde viel überbrückt, aber die Hochschule als Austauschplattform ist verloren gegangen.
Nicht nur die Lehre ist an den bayerischen Hochschulen von großer Bedeutung, sondern auch die Forschung. Es ist dennoch von größter Wichtigkeit, Forschung und Lehre nicht voneinander zu entkoppeln. Forschung und Lehre müssen Hand in Hand gehen, um einen stetigen Fortschritt und eine gute Bildung der Studierenden zu gewährleisten.
Um auch langfristig an den Hochschulen Energie zu sparen und nachhaltig zu agieren, ist es notwendig, dass sich die Hochschulen zu nachhaltigen Organisationen transformieren. Hilfestellung bietet hierbei unter anderem das Positionspapier “Nachhaltige Transformation der Hochschulen” [4].
Zu guter Letzt müssen wir auch an die Studierendenwerke denken. Diese versorgen die Studierenden sowie die Mitarbeiter*innen täglich mit frischen und preiswerten Speisen und gewährleisten damit den harmonischen Tagesablauf. Auch hier machen die Kosten leider nicht halt.
Hochschulen und Studierende müssen entlastet werden
Die aktuellen Kostensteigerungen in allen Bereichen des Lebens betreffen alle Gesellschaftsgruppen. Besonders Studierende trifft es aber wieder hart. Während die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten steigen, erhöhen sich die Einnahmen bei den Studierenden aber nicht, gerade auch weil es noch keinen Tarifvertrag wie TVStud gibt. Zahlreiche Studierende werden gezwungen, das Studium abzubrechen, zu vernachlässigen oder dieses zu verlängern.
Ebenso betroffen sind die bayerischen Hochschulen und Universitäten. Die teils energieintensiven Veranstaltungen und Forschungsvorhaben dürfen auch während der Energiekrise nicht leiden. Durch Corona ist bereits zu viel Lehre und Praxis an den Hochschulen verloren gegangen. Dies darf sich durch die Inflationssteigerung und Energiekrise nicht wiederholen. Hochschulen müssen und können ihren Beitrag zum Energiesparen erbringen. Dies darf aber nicht zu Lasten der Lehre geschehen, sondern insbesondere durch das Einsparen nicht benötigter Energie. So sollten z.B. Heizungen, Lichter und Rechner bei Nicht-Nutzung abgeschaltet bzw. an sinnvollerer Stelle eingesetzt werden. Außerdem sollte die Geräteausstattung, wo es sinnvoll ist, energetisch optimiert werden.
Studierende und Hochschulen müssen finanziell unterstützt werden. Durch die Einführung von Sonderfonds können Hochschulschließungen und Wellen von Studienabbrechern vermieden werden. Die bayerische Staatsregierung wie auch die Bundesregierung müssen hier unbedingt zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Zudem müssen an den Hochschulen Maßnahmenpläne entwickelt werden, welche zur Einsparung von Energie führen.
[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_296_611.html
[2] https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/inflation-bei‑7–3‑prozent-die-inflationsrate-in-deutschland-von-2005-bis-2022/26252124.html
[3] https://www.green-office.fau.de/betrieb–campus/#collapse_0
[4] https://www.lak.bayern/2022/04/03/nachhaltige–transformation–der–hochschulen/
Position
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München